Absolute Giganten Deutschland 1999 – 87min.

Filmkritik

Eine Odyssee durch Hamburg

Filmkritik: Marc Mair-Noack

In Sebastian Schippers Erstling durchkämmen drei Freunde in ihrer letzten gemeinsamen Nacht noch einmal Hamburg nach Abenteuern. In ihrer Odyssee durch die trüben Gassen entdecken sie bald, dass Elvis noch lebt und eine miese Laune hat, und dass ein Tischfussballspiel zur existenziellen Bedrohung werden kann.

Natürlich hilft es einem jungen Schauspieler bei seinem Regiedebüt nicht wenig, wenn Produzenten wie Tom Tykwer (Lola rennt, Winterschläfer) und Stefan Arndt (Das Leben ist eine Baustelle, Lola rennt) hinter dem Projekt stehen. Doch das Gelingen von Absolute Giganten liegt vor allem an Sebastian Schippers erfrischendem Drehbuch. Entstanden ist ein echtes Road-Movie durch die Niederungen von Hamburg. Die Freunde Floyd (Frank Giering), Ricco (Florian Lukas) und Walter (Antoine Monot Jr.) wohnen in einem der etwas heruntergekommeneren Teil der Stadt, gehen tagsüber ihren Aushilfejobs nach und leben erst nach Feierabend richtig auf, wenn sie gemeinsam durch die Strassen ziehen. Doch die schöne Zeit des Trios neigt sich dem Ende zu: Floyd beschliesst, die Welt ausserhalb Hamburgs kennenzulernen und heuert auf einem Frachter Richtung Kapstadt an. Ricco und Walter fallen aus allen Wolken, als ihr Freund von seinem Vorhaben erzählt. Bis zur endgültigen Trennung bleibt den drei Männern noch eine einzige Nacht, und die soll noch einmal etwas ganz besonderes werden. In Walters frisiertem Ford Granada machen sie sich auf den Weg, um auf den Strassen und in den Clubs Action zu suchen.

Die trüben Arbeiterviertel von Hamburg scheinen auf den ersten Blick kaum Stoff für eine spannende Odyssee zu bieten, und tatsächlich wissen die drei Freunde zunächst nicht, wie sie auf die Schnelle zwischen Hafen und öden Parkplätzen ein Abenteuer finden sollen. Doch nach und nach tauchen betont skurrile Figuren auf, von denen hier nur zwei erwähnt werden sollen: Da wäre einmal der grimmige Elvis mit seiner Glitter-Stuntshow, oder - besonders gefährlich - Snake, der Kickerkönig, dessen Begegnung mit dem Trio ein kurioses Finale einläutet.

Sebastian Schippers Karrierestart verlief äusserst vielversprechend, als er 1996 im US-Erfolgsfilm The English Patient eine erste Rolle bekam. Nun gut, die Rolle war ziemlich klein, und so entschied sich Schipper, in der deutschen Heimat seine Karriere ein zweites Mal zu lancieren. Seine Mitwirkung in den deutschen Produktionen Winterschläfer und Lola rennt erwies sich als weitaus bedeutsamer als sein Amerika-Besuch. Hier lernte er nämlich den aufstrebenden Regisseur Tom Tykwer und dessen Produktionsfirma "X Filme Creative Pool" kennen, eine Organisation, die desorientierte aber talentierte Regisseure, Autoren und Produzenten in geordnete und erfolgreiche Bahnen lenken will.

Das Unternehmen scheint - nach den Tykwer- Produktionen - auch bei Absolute Giganten zu funktionieren. Sebastian Schipper konnte bei seinem Regiedebüt auch auf einen kreativen Kameramann und beachtliche Schauspieler zählen. Absolute Giganten ist eine nette kleine Komödie mit einem besonderen Augenmerk auf Atmosphäre. Bei aller Situationskomik ist es doch vor allem die melancholische Grundstimmung, die den Film ausmacht. Frank Giering als Floyd setzt mit seinen in die Ferne schweifenden Blicken den nötigen Kontrapunkt zu dem unbeschwert rappenden Ricco (Florian Lukas) und dem netten Motorenfreak Walter (Antoine Monot Jr.) .

Im Laufe dieser städtischen Odyssee gelingen zwar nicht alle der ernst gemeinten Sequenzen so gut wie die witzigen, doch wird man dafür schliesslich mit einem Finale in den dunklen Kellern eines Nightclubs entschädigt. Originelle Kamerafahrten und das kluge Drehbuch machen hier eindrücklich klar, welche Dramatik in einem alltäglichen Tischfussballmatch liegen kann. Wenn nur der Einsatz hoch genug ist.

15.02.2024

3

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Kommentare

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Barbarum

vor 10 Jahren

Gibt gut die Atmosphäre der Sinnsuche Anfang 20 wieder, im Sinne, dass vieles eigentlich Sinnlos erscheint. Doch handkehrum wirkt dadurch vieles im Film auch lapidar und austauschbar, nicht zwingend, was doch auch zu einigen Längen führt. Doch das Tischfussball-Duell hat den Streifen dann doch wieder rausgerissen. Schlussendlich muss ich sagen, kann ich den Hype um den Film zwar verstehen, aber nicht vorbehaltlos unterstützen.Mehr anzeigen


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