Ein Sommernachtstraum Italien, Grossbritannien, USA 1999 – 116min.

Filmkritik

Liebe deinen Esel

Keine Verzerrungen ins Groteske, keine Ausflüchte ins Inventar der Postmoderne, keine tiefenhermeneutische Langeweile - Michael Hoffmann nahm Shakespeare beim Wort und hat ein Meisterwerk geschaffen, das in die Geschichte der Werkinszenierungen eingehen wird. Sein Sommernachtstraum bietet eine wunderbare Mischung aus phantastischem Drehbuch, grandioser Schauspielleistung und atemberaubendem Set, und man kann sicher sein, dass im Verwirrspiel von Elfen, Liebenden und Geliebten kein Auge trocken bleibt.

Man kann sich heute kaum mehr vorstellen, dass Shakespear anno 1596 zur Urraufführung von A Midsummer Night's Dream keine Schauspielerinnen in seine Truppe aufnehmen durfte. Bruce Willis in der Rolle von Titania, oder Keanu Reeves als Hippolyta? Nein danke, auch wenn die Komödie perfekt gewesen wäre. Michael Hoffmann ist solchen Zwängen nicht mehr unterworfen, und er hat in der Besetzung der weiblichen Hauptrollen eine treffsichere Hand bewiesen. Mit Sophie Marceau als Hippolyta, Michelle Pfeiffer als Titania und Anna Friel als Hermia erübrigt sich jede Rechtfertigung, hier der Urheberzeit des Stücks nicht treu geblieben zu sein. Doch deutet diese kleine Pointe aus alten Zeiten schon an, vor welche Schwierigkeiten ein Regisseur gestellt wird, wenn es an eine Shakespeare-Inszenierung geht. Auf der einen Seite die Ehrwürdigkeit des Dichters und seiner Zeit, auf der anderen Seite die Ansprüche eines breiten Publikums und kalkulierender Produzenten - da ist die Kreativität des Regisseurs gefragt. Nur ein Beispiel: Wer den Sommernachtstraum inszenieren will, sieht sich vor das massive Problem gestellt, die Liebespaare neben den Kapriolen der Elfen und der Schauspieltruppe nicht verblassen zu lassen. Wie löst es Hoffmann? Indem er Demetrius, Lysander, Hermia und Helena auf Fahrrädern durch den Zauberwald radeln lässt. Das eine Utensil aus unserer Zeit zieht genügend Aufmerksamkeit auf sich, um die verwirrten Paare im Reigen von Oberon und Titania nicht an den Rand zu drängen. Ein Geniegriff. Und von ihnen gibt es im Film noch mehr.

Die Schauspieltruppe unter der Führung von Nick Bottom (Kevin Kline) spielt derart gekonnt ihr Laientheater am Hof des Grafen, dass man vor Lachen die Leinwand kaum mehr sieht. Die gelernten Handwerker, die das Stück nur einüben, um in den Genuss einer Rente des Grafen zu kommen, sind an Komik nicht zu überbieten. Und als Bottom während der Proben im nahen Wald von Puck in einen Esel verwandelt wird, in den sich prompt die Elfenkönigin Titania verliebt, weiss man nicht mehr ein noch aus.

Es ist nicht einfach, die Nebenwelt der Elfen und die Adelsgesellschaft am Hofe des Fürsten miteinander in Einklang zu bringen. Michael Hoffmann hat sich für eine Durchmischung entschieden, die sich am gekonntesten in der getroffenen Farbwahl zeigt. Braun- und Grüntöne aller Art durchziehen die Welten und machen sie einander verwandt, bevor der Elfenkönig Oberon und sein Gehilfe Puck sich als Ordnungsstifter in Sachen Liebe versuchen. So entsteht eine Traumwelt, in der man sich selbst einen Platz wünscht, am liebsten in der blumendurchwirkten Schlafgondel von Titania. Doch was macht das Beschreiben, das Urteilen für einen Sinn? Man muss selber hingehen und sich in die unendliche Verwirrung der Handlung hineinziehen lassen, man muss selber in die Elfenwelt, alles andere ist leeres Geschwätz!

19.02.2021

5

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Kommentare

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movie world filip

vor 12 Jahren

shakespeare würde nicht so froh sein mit diese verfilmung glaube ich...


holiday88

vor 12 Jahren

ZAUBERHAFT!!: -)


hergie

vor 13 Jahren

Wirklich ein sehr schönes Film, manchmal ein bisschen zu schön, aber zumindest mit einem Minimum der Melancholie, die wohl auch zu diesem Stück gehört. Kann einem aber Shakespeare wirklich näher bringen!


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