Into My Heart USA 1998 – 97min.

Filmkritik

Eine Frau, zwei Freunde: alter Wein in neuem Schlauch

Filmkritik: Rafael Scholl

Die Gemeinsamkeit von Liebesdreiecken und Rieseneidechsen ist vielleicht nicht auf den ersten Blick offensichtlich, aber es gibt sie: Beides ist im Film von geringem Interesse, solange wir uns als Zuschauer nicht mit den Figuren oder ihren Situationen identifizieren können. Aufwendig animierte Eidechsen befriedigen uns in der Regel so wenig wie die Schönheit der Liebenden. Es braucht mehr, und "Into My Heart" bietet mehr.

Nämlich echte, erschütternde Tragik. Solche stellt sich gemäss Duden dann ein, wenn jemand ein "aussergewöhnlich schweres Verderben bringendes, unverdientes Leid erfährt, das den Aussenstehenden durch seine Grösse erschüttert". Die Geschichte handelt von Adam (Jake Weber) und Ben (Rob Morrow). Vieles verbindet die beiden, etwas aber unterscheidet sie: Adam ist Idealist, Ben Zyniker. Während Adam auf der Suche nach der dauerhaften Liebe ist, fragt sich Ben, wie man bloss jahrzehntelang mit der gleichen Frau zusammen sein kann.

Die beiden lernen Nina (Claire Forlani) kennen. Ben hat kein Interesse und lässt Adam den Vortritt. Dieser nützt die Chance, führt Nina aus, heiratet sie. Ben stolpert weiter von einer Beziehung in die nächste, ohne je glücklich zu werden. Später heiratet er Kat (Jayne Brook, bekannt aus der Fernsehserie "Chicago Hope") und arbeitet erfolgreich als Rechtsanwalt. Glücklich ist er dabei nicht. Allmählich bahnt sich eine Affäre zwischen ihm und Nina an, der Frau seines besten Freundes. Das Unheil nimmt seinen unvermeidlichen Lauf.

Nach den ersten zehn Minuten kann die ganze Geschichte hergeleitet werden. Aber das liegt durchaus in der Absicht des Films, denn hier geht es nicht um das "Was" sondern um das "Wie". Im Vordergrund steht die Charakterisierung der Personen, ihre Stimmungen, und gerade weil wir als Publikum einen Wissensvorsprung haben, können wir um so genauer die Nuancen der Entwicklungen beobachten. Gleichzeitig werden wir aber auch in die Perspektive und in die Köpfe der Handelnden hineinversetzt: Wenn sich Ben und Nina auf eine Affäre einlassen, die sie beide eigentlich für einen Fehler halten, so verstehen wir ihr Verhalten mindestens so sehr als wir es verurteilen.

Die grosse Stärke von "Into My Heart" liegt in perfekt inszenierten Einzelszenen. Ein Beispiel ist diese: Adam und Ben suchen nach Jahren jenes Restaurant auf, in dem sie damals Nina kennengelernt haben. Ben bedauert nun, dass er Nina damals Adam "überliess", und spricht die neue Bedienung mit demselben Satz an: "Bist Du in einem Schwimmteam?" Er versucht den Satz als Scherz hochzuspielen, doch wir sehen Adam an, dass er hinter dem Scherz etwas Ernsteres bemerkt. Solche Momente sind äusserst prägnant.

Hinter "Into My Heart" stehen in erster Linie Sean Smith und Anthony Stark, die das Drehbuch schrieben und gemeinsam Regie führten. Engagement und Kunstfertigkeit prägen ihre straffe, glaubwürdige Erzählung: Das ist zwar keine Sensation, aber es hat einen gewissen Seltenheitswert.

31.05.2021

3

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