Nackte Jugend Japan 1960 – 96min.

Filmkritik

Bonnie und Clydechen

Filmkritik: Eduard Ulrich

Wenn ein Film von 1960 wieder ins Kino kommt, muss es dafür einen guten Grund geben - in diesem Fall sind es gleich drei: eine rasante Inszenierung, wunderbare Farbbilder und ein immer aktuelles Thema: der Kampf eines jungen Paares gegen das gesellschaftliche Korsett und die Suche nach der eigenen Identität.

Die Beziehung von Makoto zu Kijoschi steht unter keinem guten Stern: Schon am Anfang lässt der junge, grobe Student ihr nur die Wahl, im Meer zu ertrinken oder sich ihm hinzugeben. Aber auch der kleine Bekanntenkreis und die Verwandten reagieren negativ, weil sie dieser Liasion gegen die gesellschaftlichen Konventionen keine Chance ausrechnen.

Mit Hilfe einer zufällig entdeckten, leichtkriminellen Masche, können sie gemeinsam etwas verdienen, was sie nebenbei zu Geschäftspartnern macht und wodurch sie zunächst ihre Geldsorgen los sind - nicht aber ihre Beziehungssorgen. Erstaunlicherweise entwickeln sie trotz der Anfangsschwierigkeiten und der starken Schwankungen in den gegenseitigen Gefühlen eine intensive Beziehung, die einigen Belastungen standhält, was auch bitter nötig ist, denn bald wirft auch ein rücksichtsloser Zuhälter mit seiner dreimannstarken Schlägertruppe ein Auge auf die schöne, junge Frau.

Vielleicht steckte in Nagisa Oshima schon damals der Rebell, der im Westen durch "Im Reich der Sinne" und "Im Reich der Leidenschaft" Aufsehen erregte, denn er bricht einige Tabus der damaligen japanischen Gesellschaft und hält mit dem hohen Inszenierungstempo nicht nur die ausgezeichneten SchauspielerInnen auf Trab. Auch wenn der deutsche Titel "Nackte Jugend" und die beiden erwähnten Filme anderes vermuten lassen: Alle Liebesszenen sind ab sechs Jahren zugelassen.

Keinen Schutz trägt das Kameraauge dagegen, wenn es um Gewalt geht, die nicht zu knapp verabreicht wird. Und obwohl nur ein kurzer Ausschnitt aus dem Leben des jungen Paares gezeigt wird, entwickeln sich beide deutlich. Er beispielsweise vom Rüpel zum ansatzweise mitfühlenden Partner, dessen einziger wahrer Liebesweis darin besteht, trotz seiner starken Zuneigung besser allein weiterzuziehen, da er ihr mehr schaden als nützen würde. Wenn man dem Film sein Alter anmerkt, dann wohl an den (wenigen) moralisierenden Gesprächen, in denen Absichten und Kritik explizit ausgesprochen werden. Und natürlich an der Frisur der Hauptdarstellerin, die aus einem Hollywood-Film jener Zeit zu stammen scheint und Szene um Szene wie eine Fackel die Botschaft der anpassungsunwilligen Eigenständigkeit verkündet.

13.05.2008

4

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