Love & Mercy USA 2014 – 120min.

Filmkritik

Good Vibrations

Michael Lang
Filmkritik: Michael Lang

Ohrwürmer wie "Barbara Ann" oder "Good Vibrations" von The Beach Boys gehören zum Inventar des Pop-Feelgood-Sortiments; sie sind so unverwechselbar wie die Hits der Beatles. Der Kopf der kalifornischen Band, Brian Wilson, war und ist als Künstler und Mensch ein schillernder Charakter. Nun erweist ihm Regisseur Bill Pohlad mit einem wunderbaren Biopic die Referenz. Paul Dano und John Cusack spielen Wilson jeweils in prägenden Jahren: am Anfang der Karriere in den 1960er-Jahren und zwei Jahrzehnte später in einer psychisch enorm schwierigen Lebensphase.

Gelungene Filme über Grössen der populären Musik – ohne anbiedernde Simplifizierung und Lobhudeleien – sind selten. Eine löbliche Ausnahme bildet die Bob-Dylan-Hommage I'm Not There von Todd Haynes. Gut, dass mit Oren Moverman ein Autor jener Crew nun an Love & Mercy beteiligt ist. Ein Erzählstrang ist auf das Jahr 1963 fokussiert, als die Beach Boys Weltstar-Status erreichten.

Als die erste Japan-Tour der Combo anstand, blieb der Bandleader Brian Wilson jedoch überraschenderweise zu Hause. Ihm war das Sommer-, Strand- und Surfgedudel der Gruppe bereits zu seicht geworden. Lieber komponierte er daheim in Los Angeles. Oder er tüftelte im Studio mit Spitzenmusikern an Arrangements herum, die dann ins Album "Pet Sounds" einflossen, das ein Meilenstein der Pophistorie wurde. Paul Dano spielt den jungen Wilson bravourös als ein Genie zwischen Erfolgseuphorie, psychischen Abstürzen, Drogensucht und als Opfer eines ignoranten Vaters (und Managers), der ihn dauernd demütigte.

John Cusack wiederum brilliert als psychisch schwer versehrter Artist in den 1980er-Jahren, der dem dubiosen Therapeuten und Rechtsberater Eugene Landy (Paul Giamatti, famos) geradezu hörig ist. Doch was als Tragödie beginnt wird – erstaunlich unsentimental – zur Liebes- und Emanzipationsstory. Wilson, mit Medikamenten vollgestopft und künstlich von seiner Familie isoliert, lernt die Autoverkäuferin Melinda Ledbetter (Elizabeth Banks) kennen. Eine starke Frau, die viel dazu beigetragen hat, dass Wilson sein Selbstwertgefühl wieder erlangte und bis heute ein gefeierter Solokünstler ist; Ledbetter ist übrigens seit 1995 Wilsons zweite Ehefrau.

Love & Mercy wechselt dramaturgisch geschickt die Zeitebenen, mixt private Episoden mit dokumentarisch anmutenden Szenen, die Einblicke in den originären Brian Wilson-Stil erlauben. Da schaut man gerne zu, denn es entstehen, um es mit dem Titel einer Beach-Boys-Songperle zu sagen, "Good Vibrations". Pohlad hat einen intelligenten Musikfilm realisiert. Er unterhält bestens, bis ganz zum Schluss: Beim Abspann spielt der Meister selber kurz live auf!

16.04.2024

4

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Kommentare

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8martin

vor einem Jahr

Ein Biopic über die Poplegende Brian Wilson. Er war nicht nur der musikalische Kopf der Beach Boys, sondern die Beach Boys waren Brian Wilson, ein Verwandtschafts-Clan der besonderen Art. Regisseur Bill Pohlad gelang ein Kunstgriff, indem er der Krankheit (paranoide Schizophrenie) des Pop Gottes dadurch gerecht wurde, dass er seine Rolle mit zwei Schauspielern besetzte: Paul Dano und John Cusack. Dano ist etwas moppelig, John ist der Charmeur. Beide Persönlichkeitsstrukturen waren in Brian angelegt. Bill Pohlad hat auch versucht die Grenze von Genie und Wahnsinn anzudeuten, die von der Sucht nach Musik bestimmt werden. Die war permanent in Brians Kopf.
Beach Boy Fans kommen voll auf ihre Kosten, denn der Film ist voll gespickt mit ihren Welterfolgen. Und man kann nachvollziehen, wie manch ein Song sich im Studio von der musikalischen Idee bis zur fertigen Aufnahme entwickelte, wie daran gearbeitet wurde, Verbesserungen vorgenommen und Einsprüche abgeschmettert wurden. Klar, dass es Momente gab, da war der Name Beach Boys nur unter Brian Wilson & Band bekannt.
Im Gegensatz zu vielen Musikfilmen gibt es hier einen Plot, der Brians Krankheit und Tablettenabhängigkeit beleuchtet. Es scheint sicher zu sein, dass ihn die schöne Autoverkäuferin Melinda (Elizabeth Banks) aus den Klauen seines Freundes und Überwachers Dr. Landy befreit hat. Die Rolle hat Paul Giamatti übernommen und glänzend umgesetzt, der sich nie zu schade ist ein Ekel zu spielen.
Man erkennt den unverwechselbaren Sound der Strandbuben mit dem tollen Drive. Und wenn man einen Song mag, gefallen einem alle.Mehr anzeigen


Janissli

vor 5 Jahren

Hat mich echt umgehauen, tolle Geschichte mit Paul Dano als super Schauspieler. Der Film gibt einen guten Einblick in die Entwicklung der Beach Boys.


tjabeh

vor 8 Jahren

Ein superfilm mit ausgezeichneten Darsteller und schöne Musik. Film sehr zu empfehlen 5 stars


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