Interview

Interview: Portmann Media

Der Altmeister über seine Motavition «Gran Torino» zu drehen und was er dabei gelernt hat.

Q:Clint, es freut mich sehr, Sie hier in Paris zu sehen. Ich habe mir den Film ganz allein im Vorführraum angesehen und habe ihn sehr genossen. Sie sind bekannt dafür, dass Sie nur ganz auserlesene Projekte realisieren, zu denen Sie einen besonderen Bezug herstellen können. Wie war das bei «Gran Torino»?A:Nun, da gibt es viele Dinge. Eines davon ist, dass der Film Amerikas Probleme aufgreift, wie zum Beispiel die Situation der Autoindustrie. Dann ist da auch die Antikheit des Autos und dem alten Mann darin, die Kluft zwischen den Generationen, die Beziehung zur Kirche und zur Familie oder die zu den Nachbarn. Denn die Nachbarschaft und auch alles Andere ändert sich rund um Walt Kowalski. Er will aber gar nicht, dass sich etwas ändert. Er bleibt lieber ein Kriegsveteran, der immer wieder die gleichen abgedroschenen Geschichten erzählt.Q:Walt ist keine einfache Figur. Sie sprechen von ihm als einem komplexen Mann mit einer vielschichtigen Persönlichkeit. Ist es schwierig, so jemanden zu spielen?A:Nein. Ich denke, man geht einfach voran und macht dann schon Fortschritte. Jeder hat ja schon einmal jemanden wie ihn gesehen oder kennt sogar jemanden innerhalb der eigenen Familie. Je älter man wird, desto mehr solche Leute hat man gesehen und kennengelernt. Ich habe es aber genossen, ihn zu spielen. Wenn man die 70 überschritten hat, was kann da einem jemand noch gross antun? Man macht es einfach und hat Spass daran. Ich habe versucht, ein Statement darüber abzugeben, dass man nie zu alt ist, um noch Toleranz oder sonst etwas im Leben zu lernen.Q:Lassen Sie uns über das Drehbuch reden. Es scheint, als sei dies extrem präzise gewesen. Jedes Wort im Film ist wichtig. Lässt das noch Raum für Improvisationen?A:Ja. Ich improvisiere immer. Je mehr man seine Figur verinnerlicht hat, desto besser geht das. Dann kann man fast alles sagen, was einem in den Sinn kommt. Ich improvisiere wirklich immer. Ich füge Dinge hinzu, lasse etwas weg oder hebe etwas auf eine andere Art hervor. Hier war das Drehbuch aber sehr gut, da habe ich nicht viel verändert. Es ist ja nicht so, dass es eine Verbesserung nötig gehabt hätte. Man verinnerlicht einfach gewisse Dinge und drückt dem ganzen dann so seinen eigenen Stempel auf. Q:War es eine Herausforderung mit Leuten aus so vielen verschiedenen Kulturen zu arbeiten?A:Das ist schon eine Herausforderung. Es war aber interessant, denn ich machte mir Gedanken, wen wir als Schauspieler engagieren sollten. Vor allem, was die asiatischen Leute im Film angeht. Wir überlegten, ob wir chinesische oder koreanische Schauspieler nehmen sollten, die aber noch nie professionell gearbeitet hatten. Wir haben uns dann für Mang-stämmige Schauspieler entschieden und Leute gesucht, die bereit waren dafür. Wir haben schnell herausgefunden, dass vor allem junge Leute sehr schnell bereit dazu waren. Aber auch bei den schon ein wenig älteren war es beeindruckend, wie schnell sie sich zurechtgefunden haben in den einzelnen Szenen. Wie zum Beispiel die Grossmutter, die nicht einmal Englisch spricht. Sie hatte ein sehr hartes Leben in Asien und ist sehr emotional an die Sache herangegangen. Das hat schon Spass gemacht, so in diese Kultur einzutauchen und etwas darüber zu lernen. Ich wusste vorher nicht viel über die Mang-Kultur. Ich wusste nur, dass sie aus Thailand oder sonst irgendwo aus Asien kommen. Durch das Skript habe ich dann mehr gelernt und dann habe ich angefangen, Bücher darüber zu lesen, um mich optimal auf den Film vorzubereiten. In Amerika gibt es einige grössere Zentren der Mang-Kultur. Eines davon ist in Kalifornien, andere in Minnesota und Michigan. Wir haben Leute von all diesen Zentren rekrutiert.

4. März 2009

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