Interview

Emma Stone: «Am besten gar nicht!»

Patrick Heidmann
Interview: Patrick Heidmann

Die Gedankensprünge einer kecken jungen Dame: Emma Stone über die Rassentrennung, Filmchen auf YouTube und «diese Sache namens Ruhm».

Emma Stone: «Am besten gar nicht!»

Emma, kam die Rassentrennung in den amerikanischen Südstaaten – also das zentrale Thema von The Help – bei Ihnen schon in der Schule zur Sprache?

Im Prinzip schon. Aber dort lernten wir nicht annähernd so viel, wie ich nun im Zusammenhang mit dem Film darüber erfahren habe. Insgesamt ist das leider ein Thema, das in den USA immer noch ganz gerne unter den Teppich gekehrt wird. Man spricht nicht besonders viel darüber, und es gibt sicher Leute, die am liebsten so tun würden, als hätte es die Rassentrennung nie gegeben.

Wie genau haben Sie sich denn vorbereitet auf die Rolle?

Unser Regisseur Tate Taylor hat mir die 14-teilige Dokumentation «Eyes on the Prize» empfohlen, in der es um die Geschichte der Bürgerrechtsbewegung geht. Ein wirklich unglaubliches Werk, das meiner Meinung nach jeder Schüler gesehen haben sollte. Aber es hat auch sehr geholfen, dass wir für die Dreharbeiten tatsächlich in den Südstaaten gelebt haben. Ich habe dort mit wirklich vielen Menschen gesprochen, die diese Zeit noch selbst miterlebt haben. Bis heute gibt es dort ja wirklich viele solcher schwarzen Hausangestellten, immer noch in Uniform und teilweise schon seit 50 oder 60 Jahren in den gleichen Familien.

Eigentlich ist es unfassbar, dass diese im Film gezeigten Zeiten noch keine 50 Jahre her sind...

Es ist wirklich unglaublich. Und eigentlich trägt genau das, bei allem Ernst, auch zur Komik des Films bei. Denn es ist doch schlicht haarsträubend, wie dumm sich die Menschen manchmal verhalten. Ich wette, dass man in 40 Jahren auch auf unsere heutige Zeit zurückblickt und nicht fassen kann, warum 2011 nur aufgrund ihrer Sexualität manche Leute heiraten durften und andere nicht.

Ein gutes Stichwort, denn es ist ja nicht nur der Rassismus, der den Alltag der Frauen in The Help unerträglich macht. Auch Sie, eigentlich eines der privilegierten Mädchen aus der Oberschicht, müssen gegen zahlreiche Widerstände kämpfen.

Richtig, auch sie ist auf ihre Art eine Außenseiterin, anders als die anderen und deswegen unter Druck. Ohne es sich wirklich bewusst zu machen, ist sie eine absolut moderne Frau und ihrer Zeit voraus. Sie ist eher Sexismus als Rassismus ausgesetzt. Aber solche Diskriminierungen, so verschieden sie auch sein mögen, funktionieren ja oft nach ähnlichen Mechanismen – und heute übrigens kaum anders als damals.

Ist das dann womöglich auch die Botschaft des Films und des ihm zugrunde liegenden Romans?

Was ich an Kathryn Stocketts Buch so toll finde ist die Tatsache, dass es ihr dabei eben nicht um eine bestimmte Botschaft ging. Für sie standen die Figuren im Vordergrund. Das macht die Geschichte für uns Schauspieler – aber auch für das Publikum – so interessant und auch so leicht zugänglich. Das sind wirklich echte Menschen, die nicht bloß für eine einzige Botschaft stehen, sondern auf vielen verschiedenen Ebenen funktionieren und zu unterschiedlichen Themen etwas zu sagen haben. Das reicht von Freundschaft und Liebe über Akzeptanz und Gleichberechtigung bis hin zu komplexen Mutter-Tochter-Beziehungen.

Hatten Sie, vor allem in den etwas zähen Anfangszeiten, nie das Gefühl, der Traum von der Schauspielerei könnte vielleicht doch nur eine Phase sein?

Mir war immer klar, dass das nicht bloß eine fixe Idee ist, sondern wirklich ein ganz tiefes Bedürfnis. Aufgeben war deswegen überhaupt keine Option, das stand nie zur Debatte. Meine Eltern haben mich immer unterstützt, meine Mutter zog, als ich 15 Jahre alt war, sogar mit mir nach Los Angeles und blieb, bis ich alt genug war, um alleine zu leben. Aber selbst wenn ich bis heute nichts erreicht hätte, würde ich noch immer am Ball bleiben und vermutlich ständig kleine Filmchen von mir auf YouTube posten. Oder ich würde auf irgendwelchen Kleinkunstbühnen stehen und Sketche und Improvisationen zum Besten geben, so wie ich das schon als Kind in Saturday Night Live bewundert habe.

Mittlerweile sind Sie selber ein Star. Wie geht man mit all dieser Aufmerksamkeit um?

Am besten gar nicht! Diesen Aspekt des Jobs sollte man nicht zu ernst nehmen, sondern sich einfach darüber freuen. Das ist das erste, was man lernen muss: Diese Sache namens Ruhm hat absolut gar nichts mit dir als Person zu tun. All die Fotos und Artikel und Fernsehauftritte – das geht es nicht um deine Persönlichkeit, sondern darum wie du von außen wahrgenommen wirst. Die echte Emma ist nicht die bei Letterman auf der Couch, sondern bei ihren Eltern oder ihren Freunden auf dem Sofa. Dieser ganze Hokuspokus gehört zwar irgendwie zu unserem Job dazu, aber man muss immer versuchen, ihm nicht zu viel Raum zu geben.

Was diese ganzen Klatsch- und Tratsch-Medien schreiben ist dir also egal?

Früher habe ich natürlich auch Klatschblätter gelesen und mich dafür interessiert, was die Stars machen. Aber seit ich ein bisschen mehr Einblick habe in diese Welt, seit ich einige der Leute aus diesen Zeitschriften kennen gelernt habe und weiß, dass fast nichts davon stimmt, was über sie geschrieben wird, glaube ich solchen Medien kein Wort mehr. Und Gerüchte über mich selber interessieren mich sowieso nicht, schließlich kenne ich ja die Wahrheit.

5 décembre 2011

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