Interview5. September 2018

Schweizer Newcomerin Luna Wedler: «Das schönste Mädchen der Welt kann auch austeilen!»

Schweizer Newcomerin Luna Wedler: «Das schönste Mädchen der Welt kann auch austeilen!»
© Impuls Pictures

Schweizer Filmpreis, Shootingstar an der Berlinale, nun die erste Hauptrolle in einem deutschen Kinofilm: In Luna Wedlers Leben ist zurzeit einiges los. Im Interview zusammen mit ihren Co-Stars Damian Hardung und Aaron Hilmer ist die 18-Jährige trotz dem Rummel um ihre Person ganz entspannt – und quatscht mit uns über No-Gos beim Dreh, Rapeinlagen und was es heisst, «Das schönste Mädchen der Welt» zu sein.

Zum Film

Die moderne Cyrano de Bergerac-Geschichte «Das schönste Mädchen der Welt» erzählt vom 16-jährigen Cyril (Aaron Hilmer), der sich auf Klassenfahrt Hals über Kopf in die neue Mitschülerin Roxy (Luna Wedler) verliebt. Hoffnungen macht er sich keine, schliesslich wird er seit jeher wegen seiner grossen Nase gemobbt. Als der Fiesling Benno ein Auge auf die selbstsichere Roxy wirft, tut sich Cyril mit dem schönen aber einfältigen Rick (Damian Hardung) zusammen: Mit Cyrils Wortwitz und Ricks Charme wollen sie das schönste Mädchen der Welt erobern.

Luna, du spielst das schönste Mädchen der Welt. Wie ist das für dich?

Luna: Es ist natürlich eine Ehre, aber ich spiele im Film die Rolle der Roxy, und da geht es natürlich um die inneren Werte.

Aaron: Das ist auch immer subjektiv, für Cyril ist Roxy natürlich das schönste Mädchen der Welt. Objektiv ist sie es nicht (lacht).

Nicht nur schön, sondern auch taff: Luna Wedler in «Das schönste Mädchen der Welt».
Nicht nur schön, sondern auch taff: Luna Wedler in «Das schönste Mädchen der Welt». © Impuls Pictures

Luna: Über das Aussehen kann sich jeder selber eine Meinung machen, aber wenn man den Film sieht merkt man, dass sie eine wahre Persönlichkeit ist – sie macht einfach ihr Ding, sie nimmt jeden, wie er ist, hat aber auch eine sehr verletzliche Seite und zeigt das auch. Ein solches Frauenbild gab es meiner Meinung nach noch nie in einem aktuellen Jugendfilm. Sie ist halt nicht nur ein hübsches Mädchen, das dasteht und lächelt, sondern auch mal gegen Jungs austeilt.

Es ist echt mutig, sich an Hip Hop heranzuwagen.– Aaron Hilmer

Mit Romanverfilmungen ist das immer so eine Sache, das kann entweder ziemlich in die Hose gehen oder echt gut gelingen. Was waren eure ersten Gedanken, als ihr von der Idee erfahren habt, die alte Geschichte in die heutige Zeit zu übertragen?

Aaron: Das ist ja ein Klassiker. Einen Klassiker macht aus, dass er zeitlos ist – den liest man auch noch in 100 Jahren, und das Thema ist wahrscheinlich immer noch aktuell. Somit fand ich das interessant, ich habe die Aktualität des Themas gesehen, die sogar noch gewachsen ist. Ich kannte Cyrano de Bergerac vorher eigentlich gar nicht, fand die Idee aber cool: Cyrano fechtet, Cyril macht diese Battleraps, Cyrano dichtet, Cyril schreibt Raptexte – es ist schon mutig, sich an Hip Hop ranzuwagen.

Statt mit Dichtkunst in Cyrano de Bergerac soll das schönste Mädchen der Welt mit Liedern und Raptexten erobert werden. Glaubt ihr, dass man heute in Zeiten von Instagram und Co. noch mit schönen Worten auffällt?

Luna: Unbedingt!

Aaron: Ich kenne das nur von gewissen Leuten, die sich im Internet ganz anders präsentieren als in echt, bei denen ich mir denke: Du bist in echt so viel schöner als du dich zu präsentieren glaubst. Keine Handykamera kann einfangen, was man live ausstrahlt oder aussagt.

Damian: Und auch die Eloquenz der Wörter ist wichtig. Wenn jemand mit Wörtern umgehen kann, finde ich das so ansprechend! Man muss sich irgendwie ausdrücken können, um zu sagen, was man denkt.

Ich würde mir sofort eine Glatze schneiden, wenn es das für die Rolle braucht!– Luna Wedler

Hat es viel Überwindung gekostet, vor so vielen Leuten einfach loszurappen?

Luna: Überwindung war es nicht wirklich, ich habe das eher als eine Art Challenge gesehen. Das ist das Schöne am Beruf, du lernst viele Dinge neu. Wenn du reiten lernen musst, lernst du reiten, wenn du Cello lernen musst, lernst du, wie man Cello spielt. In diesem Fall war es Rap. Wir hatten beide ein Rapcoaching. Für mich war das Rappen nicht das eigentliche Problem, sondern eher die Attitude dahinter: Du musst dastehen und das wirklich meinen. Sowieso das ganze Selbstbewusstsein, das Roxy hat, das hatte ich nicht so – das war die Herausforderung für mich.

Für eine Rolle lernt Luna auch schon mal, wie man in Rapbattles neben Profis besteht.
Für eine Rolle lernt Luna auch schon mal, wie man in Rapbattles neben Profis besteht. © Impuls Pictures

Luna, du hast für «Blue My Mind» vor laufender Kamera einen Fisch gegessen, Damian, du hattest auch privat für eine Rolle eine Weile lang eine Glatze. Gibt es Dinge, die ihr für eine Rolle nie machen würdet?

Damian: Ich hätte wohl Probleme, sehr viel Gewicht zuzunehmen. Aus gesundheitlichen Gründen, weil ich weiss, wie schädlich das für den Körper ist. Da würde bei mir wahrscheinlich eine natürliche Blockade einspringen, ein Selbstschutz sozusagen.

Luna: Ja, das stimmt. Ich finde immer wichtig – auch betreffend Nacktsein, Sexszenen etc. – ob es das wirklich für den Charakter oder die Geschichte braucht. Ich würde mir sofort eine Glatze schneiden, wenn es das für die Rolle braucht!

Aaron: Auch ob das reinpasst – wenn man zum Beispiel einen Liebesfilm dreht und alles ist auf einem gewissen Level, und plötzlich sind alle nackt und es endet in einer Art Porno, dann würde ich das eher nicht machen. Aber wenn sich der ganze Filme so aufbaut und es zum Ende eine Liebesszene gibt, dann ist das ein ganz anderes Thema.

Wenn es also stimmig ist.

Aaron: Ja.

Luna: Bei «Blue My Mind» zum Beispiel – weil der Film sehr auf das Meer und die Natur bezogen ist – wollten sie, dass ich meine Achselhaare wachsen lasse. Ich fand dann, dass es das nicht braucht.

Wenn du am Schluss im Film zwei Szenen hast, in denen du noch Luft nach oben hättest, ärgerst du dich als Schauspieler dein Leben lang darüber.– Damian Hardung

Kämpfen im Film beide um Roxys Gunst: Damian Hardung (links) und Aaron Hilmer.
Kämpfen im Film beide um Roxys Gunst: Damian Hardung (links) und Aaron Hilmer. © Impuls Pictures

Ihr habt während 2 Monaten in Berlin gedreht. Wie kann man sich das vorstellen, so wild wie die Klassenfahrt im Film oder doch eher wie ein gesittetes Familientreffen?

Luna: Beides!

Aaron: Es war einfach Arbeit. Du stehst jeden Morgen auf, teilweise um 4 Uhr, weil du um 5 Uhr in der Maske bist, dann drehst du 10 bis 12 Stunden und dann gehst du wieder nach Hause. Trinkst vielleicht noch ein Weinchen, machst es dir gemütlich, kochst was – und dann geht es am nächsten Tag wieder so weiter. Klar hatte man am Wochenende manchmal frei und ist mal losgezogen, aber man musste halt auch die Energie irgendwo herholen für den weiteren Drehverlauf. Wir hatten auch viel Spass, es war eine lockere, coole Atmosphäre am Set. Mir ist aber wichtig, dass man nicht das Gefühl hat, dass Schauspielern einfach roter Teppich und Glamour ist – du ackerst 34 Tage nacheinander 5 Tage die Woche und musst immer on point sein.

Damian: Als Schauspieler ist es dir nicht vergönnt, mal einen Tag ein wenig neben dir zu stehen – du musst immer zu 100 Prozent funktionieren, weil das schlussendlich ein immenser finanzieller Aufwand für die Produktion ist. Wenn du am Schluss im Film zwei Szenen hast, in denen du noch Luft nach oben hättest, ärgerst du dich als Schauspieler dein Leben lang darüber.

Luna: Schauspielern ist natürlich auch eine Kopfsache, das kann dich schon irgendwie fertig machen – wenn du eine emotionale Szene hast.

Damian: Das habe ich auch vorher mit dem Selbstschutz gemeint. Genau so wie es ungesund ist, viel Gewicht zuzunehmen, ist es auch ungesund, wenn du dich emotional zu sehr reinsteigerst. Ich kenne das von Kollegen: Wenn du während einem halben Jahr eine psychisch extrem belastende Rolle spielst, das wieder loszulassen… Das kriegt man abends während des Drehs nicht hin.

"Ich hab dich lieb, du Arsch": Aaron Hilmer mit Filmmama Anke Engelke.
"Ich hab dich lieb, du Arsch": Aaron Hilmer mit Filmmama Anke Engelke. © Impuls Pictures

Wenn ihr an den Dreh zurückdenkt, gibt es einen Moment, der besonders emotional war?

Aaron: Alle Szenen in Cyrils zu Hause wurden während den ersten drei Drehtagen gedreht, also Szenen vom Anfang des Films und gegen das Ende zu, als Cyril von der Klassenfahrt zurückkehrt. Es war irgendwie besonders für mich, ein Gefühl dafür zu kriegen, wo das Ganze hingeht, was das für ein Film wird. In diesem Fall war es optimal, weil da noch eine Anke Engelke war, die einfach mitzieht in eine Richtung. In diesem Moment hat sich für mich entschieden: „Wow, das hat schon eine emotionale Tiefe, dass der am Ende einfach mal weint". Das war ein schöner Moment, weil ich eigentlich auch nicht für oberflächliche Teenie-Komödien zu haben bin. Ich finde, es sollte schon an irgendwelchen Punkten in die Tiefe gehen.

Als Anke Engelke, deine Filmmutter, dir beim Verlassen des Hauses hinterherschreit „Ich hab dich lieb, du Arsch!“: Das ist so ein Moment.

Aaron: Genau. Anke sagt auch immer, dass dem Kind einen sicheren Hafen zu bieten das einzige ist, was Eltern machen können, wenn es ihrem Kind schlecht geht. Du kannst nicht deinen 16-jährigen Sohn in die Schule begleiten und den Jungs erstmal eine Ansage machen, weil die ihn wegen seiner grossen Nase mobben. Dann geht er am nächsten Tag zur Schule, und dann geht es richtig los. Das braucht diese Rolle aber auch, Cyril hätte sonst gar nicht die Stärke, diese ganze Charakterentwicklung während dem Film durchzumachen. Und das macht Anke ganz toll, das ist so ein liebevoller Satz.

«Das schönste Mädchen der Welt» ist ab dem 6. September in den Deutschschweizer Kinos zu sehen.

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