Critique6. November 2018

Netflix-Tipp «Bodyguard»: Eine Adrenalinbombe in 6 Folgen

Netflix-Tipp «Bodyguard»: Eine Adrenalinbombe in 6 Folgen
© IMDB

Fleissige Netflix-Nutzer werden sie wohl schon entdeckt haben: Die erstmals auf BBC gezeigte Serie «Bodyguard», die seit einiger Zeit zuoberst auf der Seite des Streaming-Dienstes prangt. Wer sich bisher nicht hat überzeugen lassen, sollte das spätestens jetzt tun: Nicht umsonst hat die Serie alle Rekorde in ihrem Heimatland gebrochen und mit Richard Madden einen neuen James-Bond-Kandidaten ins Gespräch gebracht.

Lone Ranger trifft auf Karrierefrau

In der 6-teiligen Serie folgen wir dem Kriegsveteranen und Polizisten David Budd (Richard Madden), der nach einem von ihm auf spektakuläre Art und Weise verhinderten Terroranschlag in einem Zug zum Personenschützer von Julia Montague (Keeley Hawes) befördert wird – der umstrittenen und häufig unter Beschuss geratenden Innenministerin Grossbritanniens.

Aufgrund seiner Erfahrungen im Mittleren Osten anfänglich noch sehr skeptisch gegenüber seiner neuen Auftraggeberin, beginnt er der resoluten Frau irgendwann zu vertrauen. Doch sowohl sein schwieriges Verhältnis zu seiner Noch-Ehefrau (Sophie Rundle) als auch ominöse Vorkommnisse im Zusammenhang mit seiner neuen Aufgabe halten den introvertierten, mysteriösen Einzelgänger auf Trab – nicht zu vergessen seine posttraumatische Belastungsstörung, die in dieser turbulenten Zeit mehr denn je an die Oberfläche kommt.

Als Zuschauer sitzt man die meiste Zeit wie auf Nadeln.

Eine brenzlige Situation: Eine Selbstmordattentäterin will sich im Zug nach London in die Luft sprengen.
Eine brenzlige Situation: Eine Selbstmordattentäterin will sich im Zug nach London in die Luft sprengen. © IMDB

Der Abgrund der menschlichen Psyche

Eigentlich hat man es in «Bodyguard» mit einer relativ simplen Ausgangslage à la Who-Dunnit zu tun: Ein labiler Polizist verhindert einen Terroranschlag, worauf in Folge der Festnahme zweier Täter nach den weiteren Verantwortlichen gesucht wird – gleichzeitig bekommt man durch die neue Tätigkeit Budds nicht nur Einsicht in die Polizeiarbeit, sondern auch hinter die Kulissen von Politikern und deren Machenschaften sowie ihrer Verbindung mit dem Secret Service. Dass die Story nichtsdestotrotz bis zum Schluss Nervenkitzel hervorruft, ist auch ihren Figuren zu verdanken – bei jedem neuen Gegenspieler fragt man sich, welche dunklen Geheimnisse dieser allenfalls zu verbergen hat.

Dieser Mechanismus macht auch vor dem titelgebenden Helden nicht Halt: Als Zuschauer sitzt man die meiste Zeit wie auf Nadeln, weil man keine Ahnung hat, wem man in diesem Spiel aus Intrigen und Komplotten trauen kann. Steckt wie zu erwarten eine extremistisch motivierte Gruppierung hinter den Vorkommnissen, kommt die Bedrohung vielleicht letztlich aus inneren Kreisen, und welche Rolle spielt David Budd, dessen Persönlichkeit sich einem nie ganz erschliesst, in dem Ganzen?

Sympathisch und zugleich leicht suspekt: Richard Madden alias David Budd.
Sympathisch und zugleich leicht suspekt: Richard Madden alias David Budd. © IMDB

Mit Abgebrühtheit und britischer Eleganz zum neuen Bond?

Alle Fragen klären sich leider bis zum Schluss nicht völlig, was der einzige Wermutstropfen in diesem Cocktail aus psychologischem Thriller und Adrenalin-Actioner ist. Plausibel nachvollziehen lässt sich die Handlung so nämlich nicht wirklich – allenfalls liesse sich das in einer zweiten Staffel klären, über die zurzeit Verhandlungen gemacht werden.

Klar ist hingegen, dass die Besetzung Richard Maddens als Bodyguard wie die Faust aufs Auge passt: Er verkörpert den zwischen seinen Rollen als traumatisiertem Kriegsveteranen, investigativem sowie äusserst loyalen Polizisten und Wochenenddaddy zerrissenen Mann mit dem benötigten Mix aus cooler Kaltblütigkeit und britischer Eleganz, wozu sein schottischer Akzent (seine Vorgesetzte nennt er übrigens nicht Mum, sondern Mo'om für Ma'am) sein Übriges beiträgt.

Kein Wunder, wird der Schotte seit der Erstausstrahlung der Serie auf dem britischen Sender BBC im August als heisser Tipp für den Nachfolger von Daniel Craig als 007 gehandelt. Zutrauen würde man ihm auf jeden Fall, auch diese Mission mit seinem coolen Mix aus treuer Ergebenheit und abgebrühter Kaltblütigkeit erfolgreich abzuschliessen.

4 von 5 ★

«Bodyguard» ist ab sofort auf Netflix zu sehen.

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