Critique16. September 2020

«The Devil all the Time»: Grosses Schauspielkino neu auf Netflix

«The Devil all the Time»: Grosses Schauspielkino neu auf Netflix
© Netflix

Netflix liefert mit «The Devil all the Time» einen hochkarätig besetzen Streifen, der hält, was er verspricht: Die Verfilmung des Romans von Donald Ray Pollock ist eindrucksvoll – ein stimmungsvoller Thriller, der auf mehreren Zeitebenen erzählt ist.

Filmkritik von Peter Osteried

«The Devil all the Time» handelt von einem Mann, der im Pazifikkrieg Schreckliches erlebte und Ende der 1940er-Jahre eine Familie gründete. Von seinem Sohn, der in den 1960er-Jahren in seine Fussstapfen tritt, von einem Serienkiller, der durchs Land zieht und Männer tötet, um sie neben seiner halbnackten Frau zu fotografieren, von einem Prediger, der verkommen ist, und von einem Sheriff, der nicht wirklich das Gesetz vertritt. Kurz: Es ist eine Geschichte inmitten eines Sündenpfuhls.

Arvin Russell (Tom Holland) ist ein guter Mann, ein junger Mann. Jemand, der früh seine Familie verloren und eine neue gefunden hat. Er beschützt seine Schwester Lenora (Eliza Scanlen), er ist für seine Grosseltern da, und er ist ein guter Kämpfer. Das hat er von seinem Vater gelernt. Es gibt viele schlechte Menschen da draussen und immer den richtigen Moment, sie an ihren Platz zu verweisen. Arvin hätte jedoch nie geahnt, dass sein Leben aus der Spirale der Gewalt nicht mehr herausfinden wird – weil die Menschen schlecht sind und für ihre Taten bezahlen müssen.

Der Thriller ist zwar überlang, aber nie langweilig.– Cineman-Kritiker Peter Osteried

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«The Devil All the Time» ist ein mit knapp zweieinhalb Stunden Laufzeit überlanger, aber niemals langweiliger Film, weil er es geschickt versteht, die verschiedenen Geschichten parallel ablaufen zu lassen. Er zeichnet damit das Bild einer Welt, wie sie verkommener nicht sein könnte. Es gibt im ganzen Film im Grunde nur zwei unschuldige Figuren – und der Tod der einen zwingt die andere, zum Mörder zu werden.

Robert Pattinson zeigt einmal mehr, dass er zu den interessantesten Schauspielern seiner Generation gehört.– Cineman-Kritiker Peter Osteried

Das alles verpackt Regisseur Antonio Campos in stimmungsvolle Bilder eines ländlichen Amerikas, ohne dabei in den Schwulst von Americana zu verfallen. Stattdessen zeigt er eine Welt, in der der Schein mehr ist, als das Sein. Das erlaubt Robert Pattinson als Prediger eine eindrucksvolle Nebenrolle, die einmal mehr zeigt, dass er zu den interessantesten Schauspielern seiner Generation gehört.

Aber auch Tom Holland als vom Pflichtbewusstsein gegenüber seiner Schwester getriebener Mann ist toll und lässt die Leichtigkeit seiner «Spider Man»-Persona augenblicklich zurück. «The Devil All the Time» ist grosses Schauspielkino: Bis in die Nebenrollen ist der Film exzellent besetzt.

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Der Film ist dabei ein Moralstück, denn keine Tat bleibt ungesühnt. Hier bekommt jeder, was er verdient – und praktisch jede Figur hat unendliche Schuld auf sich geladen. Schuld und Sühne stehen hier fanatischem Glauben und der Manipulation jener gegenüber, die diesen Glauben für sich auszunutzen wissen.

«The Devil all the Time» ist ein grimmiger Film, düster und brutal, der kaum einen Hoffnungsschimmer offenbart. Denn selbst das Ende, das ein Entkommen des Lebens in kleingeistigen Käffern bedeutet, ist doch nur der nächste Schritt auf dem Weg zur Selbstverdammung.

4 von 5 ★

«The Devil all the Time» ist ab sofort auf Netflix verfügbar.

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