Critique12. Dezember 2018

Julia Roberts zieht in «Ben is Back» alle Register

Julia Roberts zieht in «Ben is Back» alle Register
© Ascot Elite

Julia Roberts zieht als Mutter, die nichts ungetan lassen würde, um ihren drogensüchtigen Sohn zu retten, alle Register und macht «Ben is Back» zum Oscar-Vehikel für ihr unbestrittenes Talent – zum Muss wird «Ben is Back» damit aber nicht.

Filmkritik von Gaby Tscharner

An einem idyllischen Morgen vor Heilig Abend kommt Holly Burns (Julia Roberts) mit ihren drei Kindern von einer Probe für die Weihnachtsaufführung nach Hause, als unerwartet ihr ältester Sohn Ben (Lucas Hedges) vor der Haustüre steht. Ben ist drogensüchtig und sollte sich eigentlich in einer Therapieeinrichtung befinden, wo er lernt, sich nach dem Entzug wieder ins Leben einzugliedern.

Holly ist so froh, Ben zu sehen, dass sie zunächst nur wenig Vorsicht und Misstrauen walten lässt. Aber ihre Tochter Ivy (Kathryn Newton) und ihr Ehemann, Bens Stiefvater Neal (Courtney B. Vance), sind skeptisch, was die wahre Motivation für Bens Weihnachtsbesuch sein könnte.

Neben «Beautiful Boy» (Schweizer Kinostart: 24. Januar 2019) ist «Ben is Back» aktuell der zweite Film, der sich mit der Drogenepidemie unter Teenagern in den USA auseinandersetzt. Aber im Gegensatz zu «Beautiful Boy» weist dieser Film Schuld an Bens Suchtverhalten zu. Holly identifiziert ständig "Täter", die ihren Sohn zum Drogenmissbrauch geführt haben.

Ihr Mann Neal, der moralische Kompass der Geschichte, stellt ihre leicht simplifizierenden Schlussfolgerungen allerdings in Frage, zeigt auf, wie Hollys ständige Hilfe für Ben den Rest der Familie gefährdet und wie er als junger weisser Süchtiger aus wohlhabendem Hause bessere Chancen hat, clean zu werden als Jugendliche anderer Hautfarbe. Argumente, die bei der überfürsorglichen Holly aber auf taube Ohren stossen.

Auf Drogen fühle ich mich sicher, geliebt, glücklich und so heil, wie noch nicht einmal du mich fühlen lassen kannst.– Hollys Sohn Ben in «Ben is Back»

Lucas Hedges lässt uns ständig über Bens wahre Absichten spekulieren.
Lucas Hedges lässt uns ständig über Bens wahre Absichten spekulieren. © Ascot Elite

Bens Rückkehr in die namenlose Kleinstadt geschieht nicht unbemerkt und bleibt auch nicht ohne Konsequenzen. Als am Heiligen Abend die ganze Familie in der Kirche Weihnachten feiert, wird zu Hause eingebrochen und der Familienhund gekidnappt. Hier macht der Film plötzlich eine Kehrtwende und wechselt vom Drama zu einer Art Actionfilm.

Mutter und Sohn begeben sich auf Hundejagd, auf der Holly scheussliche Details über das Junkie-Leben ihres Sohnes erfährt. Am meisten schmerzt es sie jedoch, als Ben seine Sucht so erklärt: "Auf Drogen fühle ich mich sicher, geliebt, glücklich und so heil, wie noch nicht einmal du mich fühlen lassen kannst."

Julia Roberts zeigt uns das ganze Repertoire ihres Schauspielkönnens.– Cineman-Filmkritikerin Gaby Tscharner

Bleibt misstrauisch: Julia Roberts und ihr Filmsohn Lucas Hedges.
Bleibt misstrauisch: Julia Roberts und ihr Filmsohn Lucas Hedges. © Ascot Elite

Unter der Regie seines Vaters Peter Hedges liefert Lucas Hedges eine beeindruckende Leistung ab, die uns ständig über Bens wahre Absichten spekulieren lässt. Will er einfach nur Weihnachten im Schosse seiner Familie verbringen oder ist er rückfällig geworden und braucht Geld, um Stoff zu besorgen?

Diese Ungewissheit macht es dem Publikum aber schwer, sich auf Bens Seite zu stellen. Julia Roberts zeigt uns das ganze Repertoire ihres Schauspielkönnens, was den Film in erster Linie zum Oscar-Vehikel für ihr unbestrittenes Talent macht. Zum Muss unter den Oscar-Filmen macht das «Ben is Back» aber nicht.

3.5 von 5 ★

«Ben is Back» läuft ab dem 13. Dezember in den Deutschschweizer Kinos.

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