Critique20. November 2020

DisneyPlus-Kritik «Marvel's 616»: Es ist Marvel's Welt – wir leben nur darin

DisneyPlus-Kritik «Marvel's 616»: Es ist Marvel's Welt – wir leben nur darin
© Marvel

Im November widmet sich Disney+ dem Haus der Ideen. In der Doku-Reihe «Marvel's 616» wird ein Blick abseits des Marvel-Mainstreams geworfen. Hier erhalten die Vorreiter und einige vergessene Charaktere eine Bühne.

Filmkritik von Peter Osteried

Das Schöne an Disney+ ist, dass es dort nicht nur neue Filme und Serien gibt, sondern man mit verschiedenen Dokumentationen auch tief in die Historie der eigenen Firmen eindringt. Das gilt nun auch für die achtteilige Reihe «Marvel's 616», die sich weniger mit der Historie des Comic-Verlags befasst, als vielmehr verschiedene Aspekte herausgreift und in die Tiefe gehend untersucht. Die erste Folge ist gleich ein immenses Highlight, denn sie befasst sich mit der japanischen Serie «Spider-Man», die 1978 nur in Japan lief und lange Zeit ausserhalb des Landes nicht zu sehen war. Erst 2009 präsentierte Marvel die Serie mit Untertiteln auf der eigenen Website für die westlichen Fans. Hier erfährt man, wie diese ungewöhnliche Serie, die mit dem amerikanischen Spider-Man kaum etwas gemein hat, entstanden ist. Vom ersten Deal über die Besetzung bis zur Umsetzung, die erstaunlich gut ist. Denn ohne Computereffekte war man gefordert, alles real zu gestalten. Wie Spider-Man hier in Action gezeigt wird, ist erstaunlich und dem, was die amerikanische Fernsehserie aus den späten 1970er-Jahren bietet, um Welten überlegen. Diese Folge punktet auch, weil sie mit vielen Ausschnitten ein Gefühl für die Serie gibt.

Das ist ein starker Auftakt, dem weitere gute Dokumentationen folgen.– Cineman-Filmkritiker Peter Osteried

© Marvel

Man befasst sich mit obskuren Figuren, von denen es bei Marvel mehr als genug gibt – immerhin hat man dort in über 80 Jahren mehr als 5.000 Figuren erfunden. Es geht aber auch um die Frauen, die für Marvel schreiben, und den Umstand, dass die Autoren und Zeichner überall auf der Welt verteilt sitzen. Interessant ist auch die Dokumentation über die Marvel-Methode, die heute praktisch nur noch von Dan Slott benutzt wird, aber von Stan Lee in den 1960er-Jahren ersonnen wurde. Sie bedeutet, dass der Autor nur ein paar Seiten Plotbeschreibung gestaltet und der Zeichner diese selbst in Seiten umsetzt. Die Kreativität des Zeichners ist dadurch weit stärker gefragt, weil er essenziell zum Co-Autor wird. Die fertigen Seiten werden dann vom Autor mit Sprechblasen versehen. Andere Dokumentationen befassen sich mit Cosplay und weiteren Aspekten des Marvel-Universums. Kurz gesagt: Hier gibt es einen weit gefassten, oftmals an den üblichen Mainstream-Vorstellungen vorbeigehenden Ansatz, der die Marvel-Historie präsentiert, die manchmal kühn, manchmal schräg, manchmal einfach obskur ist.

© Marvel

Das gilt natürlich vor allem für die vergessenen und in der vierten Episode wiederentdeckten Figuren. Von «Brute Force», einer aus Tieren bestehenden Superheldengruppe, haben wohl die wenigsten gehört. Aber wer weiss, vielleicht werden sie die nächsten grossen Stars von Marvel-Filmen und -Serien. Die «Guardians of the Galaxy» waren schliesslich auch weitgehend ignorierte Figuren, bis sie durch die erfolgreichen Filme weltweit bekannt wurden. Und hier erlebt man die Bemühungen mit, aus Brute Force etwas ganz Grosses zu machen …

4 von 5 ★

«Marvel's 616» ist ab dem 20. November 2020 auf Disney+ verfügbar.

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