Critique27. März 2019

Der Disney-Klassiker «Dumbo» erhält von Tim Burton eine Frischzellenkur

Der Disney-Klassiker «Dumbo» erhält von Tim Burton eine Frischzellenkur
© Disney Schweiz

Ein weiterer Animationsklassiker aus dem Hause Disney erhält in Form eines Realfilms eine Frischzellenkur. Verantwortlich dafür zeichnet sich kein Geringerer als Leinwandmagier Tim Burton («Die Insel der besonderen Kinder»), der schon manche Aussenseitergeschichte kreativ bebildert hat.

Filmkritik von Christopher Diekhaus

Als die Geschwister Milly (Nico Parker) und Joe Farrier (Finley Hobbins), deren Mutter bereits gestorben ist, ihrem aus dem Krieg heimkehrenden Vater Holt (Colin Farrell) auf dem Bahnsteig gegenüberstehen, stellen sie erschrocken fest, dass er einen Arm verloren hat. Da der einstige Manegen-Star nun nicht mehr voll einsatzfähig ist, schiebt ihm der in finanziellen Schwierigkeiten steckende Zirkusdirektor Max Medici (wunderbar quirlig: Danny DeVito) kurzerhand die Verantwortung für die Elefanten zu.

Kümmern muss sich Holt nur wenig später um ein Baby, das wegen seiner riesigen Ohren zum Gespött der Truppe wird. Nachdem die Mutter des kleinen Vierbeiners bei seiner ersten öffentlichen Vorführung für Chaos und Verwüstung gesorgt hat, verkauft Medici den erwachsenen Dickhäuter an dessen Vorbesitzer.

Dumbo, wie das Neugeborene inzwischen genannt wird, trauert seiner Mama hinterher, wird aber aufgebaut von Milly und Joe, die durch Zufall entdecken, dass der Elefant seine grossen Lauscher zum Fliegen nutzen kann. Dank dieser ungewöhnlichen Gabe wird aus dem Ausgegrenzten schon bald eine Attraktion, an der auch der windige Freizeitpark-Visionär V. A. Vandevere (markant-exaltiert: Michael Keaton) brennendes Interesse zeigt.

Führt man sich vor Augen, wie oft Tim Burton in seinem Leinwandschaffen Aussenseiter und Exzentriker in den Mittelpunkt gestellt hat, muss es nicht verwundern, dass sich der Kalifornier nun – in einer recht freien Adaption des Disneyklassikers – dem Schicksal Dumbos annimmt.

«Dumbo» punktet mit atemberaubenden Kamerafahrten, prächtigen Kostümen und detailverliebt-nostalgischen Kulissen.– Cineman-Filmkritiker Christopher Diekhaus

Bereits mit seinem ersten Auftritt gewinnt der Babyelefant, der wie alle anderen Tiere am Computer entstand, sich aber überzeugend in die reale Umgebung einfügt, die Sympathien des Zuschauers. Im weiteren Verlauf drückt man dem kleinen Kerl die Daumen, dass er seine Mutter finden und dem knallharten Showgeschäft entkommen möge.

© Disney Schweiz

Obwohl man mit dem zunächst verlachten, später zum Unterhaltungsobjekt degradierten Titelhelden mitfiebert, fällt das von Ehren Kruger («Ghost in the Shell») verfasste Drehbuch in einigen Passagen leider zu holzschnittartig aus. Emotionale Wendepunkte werden manchmal schlampig vorbereitet und fühlen sich eher wie dramaturgische Notwendigkeiten an.

Der Geschichte fehlt es mitunter an aufrichtiger Herzenswärme.– Cineman-Filmkritiker Christopher Diekhaus

Am Reissbrett entworfen erscheint vor allem der letzte Akt, der einzelne Figuren zu erzwungen wirkenden Erkenntnissen kommen lässt. Sinnbild der fehlenden erzählerischen Sorgfalt ist eine löbliche, kurz vor Schluss explizit ausformulierte Botschaft, die allerdings nicht kaschiert, dass es der Film zuvor grösstenteils versäumt, sich ernsthaft und kritisch mit der Frage nach der Haltung und Zurschaustellung von Zirkustieren zu befassen.

Während der spezielle Burton-Charme auf Handlungsebene nur sporadisch aufblitzt, punktet «Dumbo» mit atemberaubenden Kamerafahrten, prächtigen Kostümen und detailverliebt-nostalgischen Kulissen. Besonders spektakulär wird es in der zweiten Hälfte, wenn uns der Regisseur in Vandeveres gigantischen Vergnügungspark entführt. Vergessen machen können die visuellen Kabinettstückchen und das tolle Szenenbild aber nicht, dass es der Geschichte mitunter an aufrichtiger Herzenswärme fehlt.

3 von 5 ★

«Dumbo» läuft ab dem 28. März in den Deutschschweizer Kinos.

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