Critique31. August 2021

«Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull» Filmkritik: Die Kunst des Betörens, frei nach Thomas Mann

«Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull» Filmkritik: Die Kunst des Betörens, frei nach Thomas Mann
© Warner Brothers Switzerland

Mit seiner Verfilmung des gleichnamigen Romans von Thomas Mann ist Detlev Buck ein kleiner Geniestreich geglückt.

Filmkritik von Irene Genhart

Paris, 1900. Ein adrett gekleideter junger Mann geht flanierend seinen Geschäften nach und steckt einem Bettelkind eine Münze zu. Dann betritt er das Luxushotel St. Edwards und verwandelt sich flugs in den Kellner Armand, der etwas verspätet seinen Dienst antritt und sich bei seinem Kollegen dafür höflich entschuldigt.

Das ist flott und geschmeidig inszeniert ein glänzender Anfang für Detlev Bucks Adaption des bekannten Romans von Thomas Mann. Es ist zugleich eine grossartige, den Zuschauer für diesen einnehmenden Einführung von dessen Titelhelden: den aus einer verarmten deutschen Schaumwein-Fabrikanten-Familie stammenden Felix Krull, der es mit Willensstärke und Schlaumeierei zu einer weit über seinem Stand gehende Anstellung in einem französischen Nobelhotel gebracht hat.

© Warner Brothers Switzerland

Krulls attraktives Aussehen, sein Charme und seine Höflichkeit machen ihn bei Gästen beliebt, sein im Kindesalter entwickeltes Flair für Rollenspiele und Verwandlungskünste ermöglicht es ihm, diesen auch in Liebesdingen mühelos zu Diensten zu sein. Die Arbeitskollegen respektieren Krull wegen seiner Unerschrockenheit und Eloquenz; selbst der vor Erpressungen nicht zurückschreckende Oberkellner Stanko achtet ihn. Auf einem anderen Blatt steht Krulls Verhältnis zu einer gewissen Zaza, die seit einiger Zeit im St. Edwards verkehrt, und die Tatsache, dass Krull eines Abends just in dem Lokal sitzt, in welchem der reiche Marquis de Venosta auf seine sich verspätende Geliebte wartet.

Ein starkes Stück!– Cineman-Filmkritikerin Irene Genhart

Detlev Buck hat Manns Roman viel Schwung und leichter Hand inszeniert. Sein Film wurde von Marc Achenbach bilderprächtig fotografiert und ist gut besetzt; vor allem die Rollenbelegung des charmant-verschlagenen Titelhelden mit Jannis Niewöhner, der dessen gestochene Redeweise glänzend beherrscht, ist ein Glücksgriff.

Dabei hat Buck zusammen mit Daniel Kehlmann den Roman von Thomas Mann durchaus verändert: Biografien umgeschrieben, Beziehungen umgestellt, die Story geändert. Doch das zu des Films Guten: Die legendäre Ausmusterungsszene mit vorgetäuschtem epileptischem Anfall ist im Film noch witziger als im Buch, die Aufwertung der Beziehung von Zaza und Krull, Stankos Verwandlung zum Bösewicht und die verstärkte Präsenz des Marquis sind ein Gewinn.

Abgesehen davon bleibt im Film nicht nur der Geist von Manns Roman erhalten, sondern werden auch die darin anklingende gesellschaftliche Themen wie die Kluft zwischen Arm und Reich, nicht-heteronormative Lebensweisen und die (lebensnotwendige) Kunst der Verstellung aufgegriffen. Ein starkes Stück!

4.5 von 5 ★

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