Review3. September 2017

«Barry Seal - Only in America»: Tom Cruise betreibt Wahnsinn mit Methode

«Barry Seal - Only in America»: Tom Cruise betreibt Wahnsinn mit Methode

Während Martin Scorseses «The Wolf of Wall Street» die schier unglaublichen Exzesse auf dem Börsenparkett in all ihrer Absurdität ausstellte, nimmt sich Doug Limans biografische Kriminalsatire «Barry Seal – Only in America» das geradezu wahnwitzige Wirken der US-Geheimdienste in den 1970er und 1980er Jahren vor. Zum Ausdruck kommt der damals um sich greifende Irrsinn in der Person des Barry Seal, der als einer der größten Drogenschmuggler in die Geschichte einging.

Filmkritik von Christopher Diekhaus

Von seinem Job gelangweilt, führt der draufgängerische Pilot Barry Seal (Tom Cruise) kubanische Zigarren am Zoll vorbei, weshalb er Ende der 1970er Jahre ins Visier der CIA gerät. Der Geheimdienstmitarbeiter Monty Schafer (Domhnall Gleeson) unterbreitet ihm das Angebot, für die Behörde nach Mittel- und Südamerika zu fliegen, um dort Luftaufnahmen von kommunistischen Lagern zu machen.

Nach kurzem Zögern willigt Barry ein und wird, da er seine Aufträge zufriedenstellend erledigt, später auch als Waffenkurier für die Rebellen in Nicaragua eingesetzt. Auf einer seiner Reisen lernt er die Köpfe des Medellín-Kartells kennen und erhält dank seiner Flugkünste den Zuschlag, große Drogenmengen in die Vereinigten Staaten zu transportieren, was ihm rasch ein stattliches Vermögen einbringt.

Dass Regisseur Doug Liman (Edge of Tomorrow) keine vielschichtige Charakterstudie im Sinn hatte, zeigt schon der Einstieg. Seals Tatendrang und seine Lust auf Abenteuer werden kurz und knackig auf den Punkt gebracht, wenn er während eines Linienflugs den Autopiloten deaktiviert und die Passagiere mit einem vermeintlichen Sturzflug aus den Sitzen reißt. Von hier ist es nur ein Katzensprung zum ersten CIA-Engagement, das seine bislang ungestillte Sehnsucht in Erfüllung gehen lässt.

Dem Unterhaltungswert dieser verrückten Real-Life-Geschichte tut das jedoch keinen großen Abbruch.– Christopher Diekhaus

Im Grunde hätte man die halsbrecherische Karriere des Protagonisten genauso gut in das Gewand eines spannungsgeladenen Thrillers packen können. Liman und seine Mitstreiter tun aber gut daran, die grotesken Ausmaße der realen Ereignisse mit einer locker-temporeichen Inszenierung zu unterstreichen. Sarkastische Kommentare begleiten das Geschehen. Archivmaterial legt die Heuchelei und den Opportunismus der US-Regierung offen.

Und immer wieder blickt der Zuschauer in das verdutzte Gesicht von Barry, der manchmal kaum glauben mag, dass sich für ihn immer neue Möglichkeiten auftun. Obwohl der Film angesichts der politischen Verstrickungen und Irrwege noch bissiger hätte ausfallen dürfen, erscheint der Aktionismus der US-Behörden in einem höchst ungünstigen Licht.

Da Barry Seal – Only in America ganz auf seinen Titelhelden zugeschnitten ist, wirken die Nebenfiguren wie Füllmaterial und können, anders als in der eingangs erwähnten Scorsese-Farce, nur wenig Eindruck hinterlassen. Dem Unterhaltungswert dieser verrückten Real-Life-Geschichte tut das jedoch keinen großen Abbruch.

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