Kritik17. Mai 2019

«Tschernobyl»: Die Mini-Serie über die Nuklearkatastrophe geht tief unter die Haut

«Tschernobyl»: Die Mini-Serie über die Nuklearkatastrophe geht tief unter die Haut
© HBO

Vor lauter Aufregung um das Staffelfinale von «Game of Thrones» vergisst man beinahe, dass HBO auch hinter hochkarätigen Serien wie «True Detective» steht. Und auch die 5-teilige, mit Sky co-produzierte Mini-Serie «Tschernobyl» rund um die Nuklearkatastrophe in der ehemaligen UdSSR hat dieses Prädikat absolut verdient.

Ganz nach dem Grundsatz «Die Titanic ist unsinkbar» will uns ein Wissenschaftler mitten in der ersten Folge der auf Sky Show gezeigten Serie «Tschernobyl» weismachen, dass Atomreaktoren nicht explodieren können. Als Zuschauer weiss man es aber natürlich von Beginn an besser: Die Nuklearkatastrophe von 1986 ist – wenn auch schon über 30 Jahre her – noch immer fest im Kollektivgedächtnis verankert. Die historische Dramaserie macht die unglaublichen Ereignisse in der ehemaligen Sowjetunion zum Thema und versucht, die Geschehnisse von damals möglichst akkurat zu rekonstruieren – wenn auch gewisse Dinge leicht dramatisiert wurden.

Auf den ersten Blick erinnert «Tschernobyl» an die deutsche Netflix-Serie «Dark»: Ein eindringlicher Score, düstere Bilder und ein stimmiges, bedrohliches Setting sorgen für ständiges Unbehagen. Während «Dark« aber mehr und mehr ins Sci-Fi-Gefilde abrutscht, liegen «Tschernobyl» traurigerweise nicht die Einfälle eines hoffnungslos pessimistischen Autors, sondern wahre Ereignisse zugrunde. Wohl auch deshalb schafft es die Mini-Serie, schon in der für diese Kritik berücksichtigten ersten Folge von Beginn an Spannung zu erzeugen – und das, obwohl man sich den Konsequenzen der Vorkommnisse ungefähr bewusst ist.

So folgen wir zum Beispiel Lyudmilla Ignatenko (Jessie Buckley), die zusammen mit ihrem Mann aus dem Schlaf gerissen wird, als der Super-GAU das Schicksal der Stadt Prypjat für immer besiegelt. Sie ist besorgt, als dieser – als professioneller Feuerwehrmann – zum Dienst gerufen wird, um das als harmloses abgetane Feuer im Reaktor 4 zu löschen. Andere Anwohner wiederum packen ihre Kinder mitten in der Nacht in den Kinderwagen und suchen sich einen geeigneten Platz im Freien, um dem "Spektakel" in nächster Nähe beizuwohnen.

Kleine Details wie die erstaunte Antwort des diensthabenden Arztes auf die zögerliche Nachfrage einer Krankenschwester, ob das Krankenhaus genügend Jodtabletten an Lager habe, machen die immensen Ausmasse der Katastrophe erst wirklich deutlich: Er antwortet mit der Rückfrage, wieso sie überhaupt Jodtabletten haben sollten.

Die Macher – Regie führte Johan Renck, hinter dem Drehbuch steht Craig Mazin – verstehen es gekonnt, diese alltäglichen Momente in einem stimmigen 80er-Jahre Setting mit zurückgenommenen Farben anzulegen, sparen auf der anderen Seite aber nicht mit brutalen Bildern – und lassen einem die zugrundeliegende brutale Wahrheit inklusive der verseuchten, toxischen Luft förmlich spüren, wenn ein Mitarbeiter zum Beispiel ins Innere des Reaktors geschickt wird, um die Röntgenstrahlung zu messen.

Angereichert mit einem hochkarätigen Cast (unter anderem sind Stellan Skarsgård, Jared Harris und Emily Watson mit von der Partie) gelingt HBO und Sky damit eine Mini-Serie, die ein historisch wichtiges Ereignis auf den Bildschirm bringt, gleichzeitig aber auch packende (wenn auch grausame) Unterhaltung bietet – und das gänzlich ohne in die Kerbe von Massenhits wie «Game of Thrones» schlagen zu wollen.

4 von 5 ★

Die erste Folge von «Tschernobyl» ist ab sofort auf Sky Show verfügbar – jeweils dienstags wird dort wöchentlich eine neue Folge veröffentlicht.

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