Kritik10. März 2020

«Hillary» auf Sky Show: Das wahre Gesicht von Hillary Clinton?

«Hillary» auf Sky Show: Das wahre Gesicht von Hillary Clinton?
© Sky Show

Sie ist eine der bekanntesten Frauen der modernen Geschichte und hat mit ihrem Wirken den internationalen Politikzirkus merklich mitgeprägt: Hillary Clinton. Regisseurin Nanette Burstein versucht der Amerikanerin in der vierteiligen Dokureihe «Hillary» auf den Puls zu fühlen – und schafft das zumindest halbherzig.

Kühl. Berechnend. Abgebrüht. Durchtrieben. Naiv. Genial. Fortschrittlich. Feministisch: Das Bild, das die Öffentlichkeit von Hillary Rodham Clinton hat, könnte diffuser nicht sein. Die in Chicago geborene Juristin und Politikerin polarisiert. Und das nicht erst, seit sie bis zu ihrer Wahlniederlage 2016 aktiv in der amerikanischen Politik mitgemischt hat. Das zeigt Nanette Burnsteins vierteilige Dokureihe, die an der 70. Berlinale uraufgeführt wurde und ausgehend von einem ausführlichen Interview private und berufliche Meilensteine der heute 72-Jährigen abklappert, eindrucksvoll.

So erfährt man in der Doku mit dem schlichten Titel «Hillary» unter anderem, dass die umstrittene Politikerin, die trotz Jahrzehnten im Rampenlicht nie ganz greifbar scheint, sich Ende der 60er-Jahre ausgerechnet für ein Rechtsstudium entschieden hat, wo sie eine der einzigen Frauen und damit Aussenseiterin war. Dass sie zu Beginn ihrer Ehe mit Bill Clinton ihren Mädchennamen behalten hat, ein No-Go in den damals sehr konservativen Südstaaten. Oder dass sie sich auch nach der Wahl ihres Mannes Bill Clinton zum Generalstaatsanwalt von Arkansas nie auf die Rolle der "First Lady" reduzieren liess und weiterhin als Rechtsanwältin in der renommierten Anwaltskanzlei Rose in Little Rock arbeitete.

Ausgehend von einem aktuellen Interview mit der ehemaligen First Ladys Amerikas wird dem Zuschauer mit etlichen Rückblenden, die mal passend – Stichwort: Hochzeitsfoto –, mal etwas abrupt eingestreut werden, von Hillary Clintons Werdegang erzählt: Von der Kindheit in einem traditionellen Elternhaus, ihrem Studium an der Yale Law School, wo sie ihren späteren Ehemann Bill Clinton kennengelernt hat, bis hin zu ihren ersten Schritten auf dem politischen Parkett und ihrer schicksalsträchtigen Wahlniederlage im Rennen um die Präsidentschaft der Vereinigten Staaten, das sie 2016 gegen Donald Trump knapp verlor.

Zu Wort kommt nicht nur die umstrittene Politikerin selbst, sondern auch Leute aus ihrem Umfeld: Ehemalige Studienkolleginnen, ihre Wahlkampfleiter, Barack Obama oder ihr Ehemann Bill Clinton. Dank zahlreichem Archivmaterial bestehend aus Videos und Fotos, die unter anderem für ein originelles Intro genutzt wurden, und ständigem Hin- und Herspringen zwischen dem Interview und Anekdoten aus Hillary Clintons Vergangenheit, fühlt sich die rund 250-minütige Dokureihe relativ kurzweilig an.

Man merkt, dass Regisseurin Nanette Burnstein («American Teen»), die sich ab und zu als Interviewerin direkt einschaltet, sichtlich bemüht ist, ein möglichst persönliches Bild der illustren Politikerin einzufangen. So entlockt sie ihr einige Aussagen, die durchaus hinter die Fassade zu blicken glauben lassen. Klar ist aber auch, dass in rund 250 Minuten niemals ein ganzes Leben portraitiert werden kann – schon gar nicht, wenn es so bewegt war wie jenes von Clinton.

© Hillary for America

Themen wie die Affäre ihres Mannes mit Monica Lewinsky, die E-Mail-Affäre im Wahlkampf 2016 oder ihr Einsatz für das "State Children’s Health Insurance Program" als First Lady werden dementsprechend eher kurz abgehandelt, wobei die Stellungnahme bei heiklen Themen sowohl bei Hillary Clinton als auch bei ihrem Ehemann Bill einige Male überraschend emotional ausfällt.

Obwohl die heute 72-Jährige häufig spontan und unverblümt in die Kamera zu sprechen scheint, kommt man dennoch nicht umhin, ihr einen gewissen Hauch an Unergründlichkeit oder gar Kalkül zuzuschreiben. Und: Nanette Bernstein lässt Clinton einerseits gegen politische Gegner wie Bernie Sanders oder Donald Trump ins Feld ziehen, ist jedoch was die Portraitierung betrifft sehr einseitig – kritische Stimmen ihr gegenüber sucht man vergeblich.

«Hillary» ist eine Produktion mit und gewissermassen auch von Hillary Clinton: Was wir in der vierteiligen Dokureihe präsentiert bekommen, ist eine Frau als sympathische Mischung aus naiv-mutiger Feministin, loyaler Ehefrau und engagierter Politikerin, die mit viel Überzeugung bei der Sache war. Wie viel davon das wahre Gesicht der Politikerin abbildet, die beinahe die erste Präsidentin von Amerika geworden wäre, sei mal dahingestellt. Der Faszination an ihrer umstrittenen Person tut dies aber keinen Abbruch.

3.5 von 5 ★

«Hillary» ist seit dem 8. März auf Sky Show verfügbar.

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