Kritik16. Dezember 2020

Sky Show-Kritik «Euphoria»: Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt

Sky Show-Kritik «Euphoria»: Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt
© Sky

«Euphoria» folgt den Höhen und Tiefen des Lebens einer Drogensüchtigen, das nüchtern kaum zu ertragen ist. Mit zwei neuen Bonus-Episoden überrascht «Euphoria» nun mit unerwarteter Sensibilität.

Filmkritik von Gaby Tscharner

Zu Beginn der ersten Staffel von «Euphoria» kommt die 17-jährige Rue (Zendaya) aus dem Entzug nach Hause, nur um gleich wieder zurück zur Drogenszene ihrer Kleinstadt zu kehren. Erst als die Transsexuelle Jules (Hunter Schafer) in ihrer Welt auftaucht, kann Rue ihr Leben nüchtern meistern. Die beiden haben eine turbulente Beziehung, die aber an den destruktiven Einflüssen von Aussen zu zerbrechen droht.

Die erste «Euphoria» Bonus Episode ist auf das Wesentliche reduziert, die Abgründe des Suchtverhaltens und die Bedeutung, die ein Sponsor im Leben einer Drogenabhängigen haben kann.– Cineman-Filmkritikerin Gaby Tscharner

«Euphoria» will provozieren. Rue und ihre Mitschüler sind zwar auch von Selbstzweifel, Existenzangst und Identitätskrisen geplagt wie Teenager überall. Der Unterschied ist, «Euphorias» Blickwinkel ist ein voyeuristischer. Die Serie ist voller expliziter Einblicke in das destruktive Verhalten ihrer Protagonisten. In Rues Welt gibt es kaum jemanden, der nicht Drogen-, Alkohol- oder süchtig nach Sex oder Pornografie ist. Sie ist von Lügen, Gewalt und toxischer Männlichkeit umgeben. «Euphoria» Schöpfer Sam Levinson, Sohn des Regisseurs Barry Levinson, verpackt diese marode Welt aber in stilvolle Bilder, taucht sie in verführerisches Neonlicht und berieselt sie mit Unmengen von Glitter. Eine verwirrende Mischung, die wohl nicht nur den Eltern Minderjähriger wie ein Alptraum vorkommt.

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Die Covid-19 Pandemie hat die zweite «Euphoria» Staffel zwar auf Eis gelegt, doch rechtzeitig zu den Festtagen überrascht Levinson mit zwei Bonus Episoden. Der Filmemacher hat seine üblichen Tricks beiseite gelegt. In der ersten Bonusfolge «Trouble Don’t Last Always» gibt es an Stelle des Firlefanz eine unerwartete Einfachheit und Ehrlichkeit. «Euphoria» wurde oft als mehr Stil als Substanz kritisiert, aber diese Episode beweist, dass die Show Fleisch am Knochen hat.

«Euphoria» hat sich oft den Vorwurf gefallen lassen müssen, den Drogenkonsum und die Sucht zu glorifizieren. Die erste Bonusfolge setzt dem ein Ende.– Cineman-Filmkritikerin Gaby Tscharner

Es ist es Heiliger Abend. Rue hat ihren Zwölf-Schritte-Programm Sponsor Ali (Colman Domingo) angerufen und die beiden treffen sich in einem Diner. Sie will Ali vormachen, dass sie clean ist, obwohl sie kurz vor dem Gespräch auf der Toilette des Diners eine Pille zerkleinert und inhaliert hat. Aber Ali durchschaut Rue sofort. Schliesslich ist er selber ein ehemaliger Junkie, der die Tricks kennt, mit denen Abhängige vertuschen wollen, dass sie high sind.

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Die erste von zwei Bonusepisoden ist auf das Wesentliche reduziert. Sie ist ein Zwei-Personen-Stück, das die Abgründe des Suchtverhaltens aufzeigt. Beide Hauptdarsteller sind superb, aber es wird schnell klar, weshalb Zendaya letztes Jahr als jüngste Emmy Gewinnerin aller Zeiten ausgezeichnet wurde. Die Folge endet, wie sie enden soll. Nicht auf einer glitzernden, Neon-beleuchteten High School Party, sondern mit einer Grossaufnahme auf Rues Gesicht als Ali sie nach Hause fährt und das Autoradio Schuberts «Ave Maria» spielt.

  1. Staffel 3 von 5 ★
  2. Bonus Folge 4.5 von 5 ★

Die erste «Euphoria» Bonus-Episode «Trouble Don’t Last Always» läuft derzeit auf Sky Show. Die Zweite Episode folgt voraussichtlich am 25. Januar 2021.

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