Kritik26. Februar 2020

Netflix-Serienkritik «I Am Not Ok With This»: «Sex Education» trifft auf «Stranger Things»

Netflix-Serienkritik «I Am Not Ok With This»: «Sex Education» trifft auf «Stranger Things»
© Netflix

Auf «Ragnarök» folgt «I Am Not Okay With This»: Kurz nach der Veröffentlichung der skandinavischen Mystery-Saga bringt Netflix die nächste Serie an den Start, die von Teenagerängsten und übernatürlichen Fähigkeiten handelt.

Serienkritik von Christopher Diekhaus

Seit dem Selbstmord ihres Vaters trägt die 17-jährige Sydney (Sophia Lillis) ihr Desinteresse und ihre schlechte Laune offen in die Welt hinaus. Nur widerwillig führt sie ein Tagebuch, das ihr helfen soll, ihre Wut und ihre Trauer zu kanalisieren. Während sie sich liebevoll um ihren kleinen Bruder Liam (Aidan Wojtak-Hissong) kümmert, liegt sie mit ihrer Mutter Maggie (Kathleen Rose Perkins), für die sie ständig irgendwelche Dinge erledigen soll, jeden Tag im Clinch.

«I Am Not Okay With This» fühlt sich wie eine Mischung aus den drei Netflix-Produktionen «Stranger Things», «Sex Education» und «Ragnarök» an.– Cineman-Filmkritiker Christopher Diekhaus

Sydney gefällt sich in der Rolle der Aussenseiterin, ist aber dennoch froh, dass sie mit Dina (Sofia Bryant) eine echte Freundin hat, in die sie insgeheim verknallt ist. Umso mehr stört es sie, als ihre Klassenkameradin ihr gesteht, dass sie und Brad (Richard Ellis), der grösste Poser der Schule, neuerdings ein Paar sind. Verwirrung stiftet nicht zuletzt der gleichaltrige Nachbar Stanley (Wyatt Oleff), der Sydney sympathisch findet und daher ihre Nähe sucht.

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«I Am Not Okay With This» basiert auf der gleichnamigen Graphic Novel von Charles Forsman und fühlt sich wie eine Mischung aus den drei Netflix-Produktionen «Stranger Things», «Sex Education» und «Ragnarök» an.

Sydneys Rotzigkeit bringt die junge Schauspielerin ebenso glaubhaft zum Ausdruck wie ihre emotionale Verletzlichkeit.– Cineman-Filmkritiker Christopher Diekhaus

Sydney hat nicht nur mit dem Verlust ihres Vaters zu kämpfen, sondern schlägt sich auch noch mit ihrem sexuellen Erwachen und der Erkenntnis herum, dass sie mit ihren Gedanken und Gefühlen Aussergewöhnliches vollbringen kann. Die zerstörerische Seite ihrer aufkeimenden, nur schwer unter Kontrolle zu haltenden Superkräfte löst handfeste Verunsicherung aus. Und so verwundert es wenig, dass sich die 17-Jährige zunächst schwer tut, sich einem anderen Menschen anzuvertrauen.

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Die Irritationen über die unerklärlichen Veränderungen in ihrem Inneren und die alltäglichen Teenagersorgen drückt die Protagonistin regelmässig in über den Bildern liegenden Kommentaren aus, die nicht selten eine sarkastische Färbung haben. Hier und da hätte man auf dieses Stilmittel sicherlich verzichten und die Szenen stärker für sich selbst sprechen lassen können, zumal Regisseur Jonathan Entwistle («The End of the F*** ing World») dem Zuschauer mit Sophia Lillis eine ungemein charismatische Hauptdarstellerin präsentiert.

«I Am Not Okay With This» ist gespickt mit popkulturellen Zitaten.– Cineman-Filmkritiker Christopher Diekhaus

Sydneys Rotzigkeit bringt die junge Schauspielerin ebenso glaubhaft zum Ausdruck wie ihre emotionale Verletzlichkeit. Im Gedächtnis haften bleiben besonders die Momente, in denen die aufgewühlte Jugendliche und der liebenswert-verschrobene Nostalgiker Stanley ihre Beziehung ausloten. Dass die Chemie zwischen den beiden stimmt, ist kein Zufall. Immerhin standen Lillis und Oleff bereits in den Verfilmungen des Stephen-King-Romans «It» als verschworene Aussenseiter gemeinsam vor der Kamera.

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«I Am Not Okay With This» ist gespickt mit popkulturellen Zitaten und greift auf klassische Coming-of-Age-Bausteine zurück, wandelt diese manchmal aber auf erfrischende Weise ab. Der Tonfall mag grösstenteils locker, spöttisch und humorvoll sein. Immer mal wieder deuten die Macher jedoch an, dass im Hintergrund etwas Düsteres lauert. Nicht umsonst beginnt die aus sieben knackig kurzen Folgen bestehende Serie mit dem Vorausblick auf eine blutüberströmte Sydney, die sich offenkundig auf der Flucht befindet. Was genau es mit diesen unheimlichen Einstiegsbildern auf sich hat, möchte man durchaus erfahren.

3.5 von 5 ★

Die erste Staffel von «I Am Not Ok With This» ist ab sofort auf Netflix verfügbar.

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