Kritik17. Februar 2021

Netflix-Kritik «Tribes of Europa»: Deutsche Endzeit

Netflix-Kritik «Tribes of Europa»: Deutsche Endzeit
© Netflix

Bei Science-Fiction aus Deutschland schrillen die Alarmglocken. Es gibt nicht viel aus diesem Genre, mit dem deutsche Künstler wuchern könnten. Auch Phillip Koch als Autor und Regisseur von drei der sechs Folgen der ersten Staffel von «Tribes of Europa» kocht nur mit Wasser. Denn seine Vision einer apokalyptischen Welt erinnert an vieles, bietet aber nur wenig Originelles.

Serienkritik von Peter Osteried

Im Jahr 2029 erfolgte der totale Zusammenbruch. 45 Jahre später leben die Menschen in Europa in vielen Tribes, die zumeist im Clinch miteinander liegen. Zwei grosse Machtblöcke steuern auf den grossen Krieg zu, während Livs Tribe fast vollständig ausgelöscht wird, weil sie den Piloten eines atlantischen Schiffs – und mit ihm ein Wunderwerk der Technik, einen Cube, gerettet haben. Hinter diesem Cube sind alle her, während drei Geschwister in verschiedenen Gruppen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen.

Die Schauspieler sind mehrheitlich gut.– Cineman-Filmkritiker Peter Osteried

© Netflix

Ob nun die Apple-Serie «See», «The 100» vom amerikanischen Network CW oder die schon fast vergessene Serie «Revolution», bei «Tribes of Europa» hat man den Eindruck, dass man sich überall fleissig bedient hat. Die ausschliesslich in Deutschland spielende, aber in Tschechien und Kroatien gedrehte Serie ergeht sich in Anglizismen – das hat sich also auch nach der Apokalypse nicht geändert. Auch für die Nachgeborenen klingt Englisch cooler als Deutsch.

Wäre «Tribes of Europa» eine amerikanische Serie, würde man sie gleich als generische Dutzendware abtun.– Cineman-Filmkritiker Peter Osteried

Das grundsätzliche Setting ist so schlecht nicht, die Schauspieler sind mehrheitlich gut, einige von ihnen haben aber augenscheinlich mit den teils sehr gestelzten Dialogen zu kämpfen, die jeden Anflug von Natürlichkeit vermissen lassen. Auch irritierend: Wenn österreichische Schauspieler nicht in der Lage sind, akzentfreies Hochdeutsch zu sprechen.

Koch peppt seine Geschichte mit Mysterien ein. Einerseits die Frage darum, wie es zum globalen Zusammenbruch kam, andererseits, wer oder was die Atlantiker sind, deren Technik den Endzeit-Wilden weit überlegen ist und deren Name wohl nicht von ungefähr so gewählt wurde. Damit hangelt er sich den sechs Folgen entlang, bietet zum Ende aber keine Auflösung, sondern nur einen Cliffhanger.

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Ansonsten gibt es übliche Standards. Drei Geschwister auf unterschiedlichen, vor allem konträren Pfaden, die dann wohl in der nächsten Staffel die Waffen gegeneinander erheben müssen – oder sich doch ganz lieb um den Hals fallen werden. Man wird sehen, besonders viel Lust auf weitere Staffeln schürt dieser zumindest technisch einwandfrei produzierte Auftakt aber nicht unbedingt. Wäre «Tribes of Europa» eine amerikanische Serie, würde man sie gleich als generische Dutzendware abtun. Für deutsche Verhältnisse steht auf der Haben-Seite zumindest, dass man mal etwas anderes als Krimis versucht hat.

2.5 von 5 ★

«Tribes of Europa» ist ab sofort auf Netflix verfügbar.

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Kommentare 1

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jannick_isler

vor 3 Jahren

Warum sollte er keinen österreichischen Dialekt haben dürfen? Man kennt ja nicht seine ganze Vergangenheit. Vielleicht ist sein Vater aus Österreich geflüchtet??
Und auch das mit den Anglizismen verstehe ich nicht... Warum sollten alle Deutsch sprechen? Es sind ja wohl alle Nationalitäten miteinander vermischt worden. Englisch ist nun mal die Sprache, die einfach zu lernen ist und die jeder wenigstens ein bisschen beherrscht.Mehr anzeigen

Zuletzt geändert vor 3 Jahren


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