Kritik29. März 2019

Netflix-Kritik «The Highwaymen»: Mit Kevin Costner und Woody Harrelson auf Gangsterjagd

Netflix-Kritik «The Highwaymen»: Mit Kevin Costner und Woody Harrelson auf Gangsterjagd
© Netflix

Im Leinwandklassiker «Bonnie und Clyde» von 1967 beschrieb Arthur Penn das wilde Leben des titelgebenden Gangsterpaares und setzte den beiden Outlaws damit ein wirkmächtiges Denkmal. Das von John Lee Hancock inszenierte Crime-Drama «The Highwaymen» bringt sich nun als Gegenstück in Stellung: Zwei altgediente Texas Ranger machen sich im Jahr 1934 auf die Suche nach den Verbrechern.

Kritik von Christopher Diekhaus

Als das durch die Lande reisende Kriminellen-Gespann einen neuen Coup landet, bei dem es abermals zu einem tödlichen Schusswechsel kommt, reisst der Gouverneurin Ma Ferguson (unterfordert: Kathy Bates) der Geduldsfaden. Bonnie Parker (Emily Brobst) und Clyde Barrow (Edward Bossert) müssen gefasst werden – um jeden Preis. Nach kurzem Zögern beschliesst die Politikerin, das Aufspüren der mordenden und plündernden Gangster in die Hände des früheren Texas Rangers Frank Hamer (Kevin Costner) zu legen. Obwohl dieser eigentlich seinen Ruhestand mit seiner Gattin Gladys (Kim Dickens) geniessen will, fängt der legendäre Gesetzeshüter noch einmal Feuer und begibt sich, begleitet von seinem alten Weggefährten Maney Gault (Woody Harrelson), auf eine letzte, grosse Mission.

Kevin Costner und Woody Harrelson spielen die abgewrackten Haudegen gewohnt souverän.– Cineman-Kritiker Christopher Diekhaus

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Was genau die beiden real existierenden Hauptfiguren auf die Strasse treibt, warum sie sich ohne Not einer Gefahr aussetzen und den Verbrechern hinterhereilen, arbeiten Hancock und Drehbuchautor John Fusco («Die Hütte – Ein Wochenende mit Gott») leider nicht überzeugend genug heraus. Mehrere Beweggründe werden angerissen – etwa die Wut über die zahlreichen von Bonnie und Clyde ermordeten Polizisten. Am Ende bleiben die Motivationen allerdings etwas zu vage und zu wenig dringlich. Erstaunlich, aber ebenso amüsant ist es, dass der grösstenteils als verplanter Sidekick fungierende Gault den schwammigen Antrieb irgendwann auch noch explizit thematisiert.

Hier und da wünscht man sich eine etwas höhere Spannungsdosis.– Cineman-Kritiker Christopher Diekhaus

Kevin Costner und Woody Harrelson spielen die abgewrackten Haudegen gewohnt souverän und beweisen in manchen Augenblicken – besonders während einer schwerfälligen Verfolgungsjagd zu Fuss – ihren Sinn für Selbstironie. Schillernde Charakterporträts sollte man jedoch nicht erwarten, da das unentschlossene Skript sich weigert, in die Tiefe zu gehen. Sowohl Hamer als auch Gault erhalten ihren Moment der emotionalen Offenbarung, in dem spannende Informationen aufblitzen. Dumm nur, dass sich diese Szenen eher wie Pflichtübungen anfühlen und noch dazu etwas willkürlich platziert erscheinen.

Bewundernswert ist es, mit welcher Konsequenz Hancock und Fusco den Fokus auf die Texas Ranger legen und wie deutlich sie sich gegen die Romantisierung des Verbrecherpärchens aussprechen, das bei Arthur Penn noch im Mittelpunkt stand. «The Highwaymen» degradiert die Gangster zu schattenhaften Phantomen, die man fast nie richtig zu Gesicht bekommt und die sich vor allem durch ihre Skrupellosigkeit auszeichnen.

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Dass Bonnie und Clyde als brutale Mörder dargestellt werden und wenig Platz in der Handlung erhalten, bringt allerdings auch ein Problem mit sich. Ihre Popularität in der Bevölkerung, die mehrfach zum Vorschein kommt, wirkt auf den Betrachter etwas befremdlich. Um zu verstehen, warum die schiesswütigen Gesetzesbrecher so beliebt sind, hätte es zumindest einige Szenen gebraucht, in denen sie mit anderen Bürgern interagieren und die Befindlichkeiten der Depressionsära stärker greifbar werden.

Dass kleine, im Vorbeigehen eingefangene Geschichten ungemein unterhaltsam sein können, beweist «The Sisters Brothers».– Cineman-Kritiker Christopher Diekhaus

Das Erzähltempo des sorgfältig ausgestatteten historischen Krimis passt sich der Verfassung der beiden nicht mehr ganz taufrischen Protagonisten an und fällt altmodisch-gemächlich aus. Hier und da wünscht man sich eine etwas höhere Spannungsdosis. Oder aber mehr Beobachtungen am Wegesrand wie der Blick auf die technisch professionalisierte Polizeiarbeit, über die Gault wiederholt sinniert.

Dass kleine, im Vorbeigehen eingefangene Geschichten ungemein unterhaltsam sein können, beweist der kürzlich im Kino gestartete Western «The Sisters Brothers», der in der ersten Hälfte ebenfalls eine entschleunigte Verfolgung zeigt. Hancocks Film plätschert im Vergleich zu sehr vor sich hin und lädt dadurch weniger zum Mitfiebern ein.

2.5 von 5 ★

«The Highwaymen» ist seit dem 29. März auf Netflix verfügbar.

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