Kritik25. Januar 2021

Netflix-Kritik «Fate: The Winx Saga»: Selten magisch

Netflix-Kritik «Fate: The Winx Saga»: Selten magisch
© Netflix

Fantasy-Stoffe für Teenager sind fester Bestandteil der Netflix-Strategie. Auf Serien wie «Chilling Adventures of Sabrina» oder «Cursed – Die Auserwählte» folgt nun die sechs Episoden umfassende Eigenproduktion «Fate: The Winx Saga», eine Live-Action-Neuinterpretation der ursprünglich italienischen Zeichentricksendung «Winx Club».

Serienkritik von Christopher Diekhaus

Aus bunt wird düster: Im Gegensatz zur farbenfrohen Feenwelt, die sich in der von Iginio Straffi erdachten Animationsserie auftut, wählt Showrunner Brian Young («Vampire Diaries») in seiner Realfilmversion einen unheimlicheren Ansatz. Die meiste Zeit spielt «Fate: The Winx Saga» an schummrigen Schauplätzen und wartet zudem mit einigen blutigen Bildern auf. Zielpublikum sind offenkundig ältere Jugendliche, denen die gruselige Ästhetik und die unschönen Ergebnisse mancher Kämpfe keine schlaflosen Nächte bereiten.

Nicht nur wegen ihres finsteren Looks und der Existenz eines magischen Paralleluniversums erinnert Youngs Schöpfung an den eingangs erwähnten Netflix-Hit «Chilling Adventures of Sabrina». Ähnlich wie dort sieht sich die Protagonistin auch mit schwerwiegenden Identitätsfragen konfrontiert. Obwohl ihre Eltern Menschen sind, ist die in Kalifornien lebende Bloom (Abigail Cowen) eine Fee, die über ebenso besondere wie gefährliche Feuerkräfte verfügt. Um ihre schon einmal ausser Kontrolle geratene Gabe endlich beherrschen zu lernen, zieht es sie in die Anderswelt, wo sie einen Platz im sagenumwobenen Internat Alfea erhält. Mutter und Vater glauben hingegen, dass sie eine Schule in der Schweiz besucht.

«Fate: The Winx Saga» entführt uns an einen mystischen Ort, der allerdings viele Gemeinsamkeiten mit der Welt der Menschen aufweist.– Cineman-Filmkritiker Christopher Diekhaus

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Blooms Start im neuen Umfeld verläuft nicht gerade glücklich. Fortschritte im Unterricht lassen auf sich warten. Den richtigen Draht zu ihren Feenmitbewohnerinnen Aisha (Precious Mustapha), Terra (Eliot Salt), Musa (Elisha Applebaum) und Stella (Hannah van der Westhuysen), die jeweils eigene Fähigkeiten besitzen, findet die ungeduldige Teenagerin anfangs nicht. Und noch dazu erfährt sie, dass all das, was sie über ihre Herkunft zu glauben wusste, einer Lüge entspringt. Eine Erkenntnis, die sie zu einer fieberhaften Suche nach der Wahrheit antreibt.

Lichtblicke sind einzig die Begegnungen mit dem charmanten Sky (Danny Griffin), der keine magischen Kräfte hat, sich in Alfea aber zu einem Krieger, einem sogenannten Spezialisten, ausbilden lässt. Seit Blooms Ankunft gehen seltsame Dinge in dem Internat vor sich. Besonders beunruhigt ist Direktorin Farah Dowling (Eve Best) über das Auftauchen der gefürchteten Verbrannten, die eigentlich ausgelöscht schienen.

Für eine Serie, die von den dunklen Seiten der Magie und jahrhundertealten Konflikten erzählt, fehlt es «Fate: The Winx Saga» leider an Überwältigungskraft.– Cineman-Filmkritiker Christopher Diekhaus

«Fate: The Winx Saga» entführt uns an einen mystischen Ort, der allerdings viele Gemeinsamkeiten mit der Welt der Menschen aufweist. Die Heranwachsenden feiern Partys, nehmen Drogen, malträtieren ihre Smartphones, tauschen Gehässigkeiten aus, werfen mit Popkulturanspielungen um sich, schlafen miteinander und sorgen sich um ihre Akzeptanz. Ängste, Nöte und Genüsse, wie man sie aus anderen Teenagergeschichten kennt, werden mit dicken Pinselstrichen an die Wände Alfeas gemalt. Das Verhältnis der Geschlechter, die weibliche Selbstbestimmung und die Frage nach der sexuellen Identität kommen immer mal wieder zur Sprache. Mehr als pflichtbewusste, oft explizit ausformulierte Einwürfe hat die Serie in den genannten Punkten jedoch nicht zu bieten.

Im Figurenensemble tauchen diverse Stereotypen auf: der gutaussehende Sunnyboy, die blonde Intrigantin oder die krampfhaft um Coolness bemühte Dampfplauderin. Wenngleich einige Charaktere eine Wandlung durchlaufen dürfen, wirken die Bögen häufig etwas unausgereift. Bestes Beispiel ist die als arrogant und herablassend eingeführte Stella, deren Entwicklung nach der Hälfte zu abrupt und forciert anmutet. Darüber hinaus schafft es Serienschöpfer Young nicht, die sich herausbildende Freundschaft zwischen Bloom und ihren WG-Genossinnen restlos überzeugend nachzuzeichnen. Manchmal riecht der Zusammenhalt zu sehr nach Drehbuchkonvention und ist aus dem Geschehen nur mit Mühe abzuleiten.

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Der Schmerz und die Verwirrung der manchmal arg naiv agierenden Protagonistin über ihre verschleierte Herkunft bekommen durchaus Raum, werden allerdings nie so genau unter die Lupe genommen, dass Bloom zu einer wirklich tragischen Figur avancieren würde. Die mit ihrem Schicksal verbundene Haupthandlung erweckt den Anschein eines epischen Abenteuers. Trotz mehrerer Ausflüge und Rückblicke in die Vergangenheit fühlt sie sich aber kleiner und weniger aufregend an als behauptet.

Für eine Serie, die von den dunklen Seiten der Magie und jahrhundertealten Konflikten erzählt, fehlt es «Fate: The Winx Saga» leider an Überwältigungskraft – was sicherlich auch an den höchstens mittelprächtigen visuellen Effekten liegt. Spätestens dann, wenn am Ende eine Figur im Schnelldurchlauf eine erklärende Zusammenfassung präsentiert, drängt sich der Eindruck auf, dass die jetzigen sechs Folgen bloss ein Vorspiel für etwas Grösseres sind. Dumm nur, dass dieses Vorspiel die Lust auf eine zweite Staffel eher zunichtemacht.

2 von 5 ★

«Fate: The Winx Saga» ist ab sofort auf Netflix verfügbar.

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