Kritik12. Juni 2020

Netflix-Kritik «Da 5 Bloods»: Spike Lees neuester Film könnte aktueller nicht sein

Netflix-Kritik «Da 5 Bloods»: Spike Lees neuester Film könnte aktueller nicht sein
© Netflix

Netflix zeigt ab sofort Spike Lees neuesten Film «Da 5 Bloods» – ein vielschichtiges Drama über den afroamerikanischen Kampf um Gerechtigkeit, der bis heute andauert.

Filmkritik von Peter Osteried

„Von Anfang an sind wir für dieses Land gestorben, immer hoffend, dass man uns eines Tages unseren rechtmässigen Platz geben würde“, erklärt Chadwick Bosemans Figur früh in Spike Lees neustem Joint, den er für Netflix inszeniert hat. «Da 5 Bloods» ist ein Film, der vor den gerade stattfindenden Protesten gegen Polizeigewalt gegen Farbige produziert wurde und nun aktueller denn je erscheint.

Denn Lee fängt mit einer imposanten Collage an, stellt Bilder aus dem Vietnamkrieg denen von Gewalt gegen Farbige in den USA gegenüber. Es geht um den afroamerikanischen Kampf um Gerechtigkeit, der bis heute andauert. Lees Film könnte eine moralische Predigt sein, aber der Regisseur versteht es wie schon bei «Blackkklansman», seine Erzählung vielschichtig zu gestalten.

Lee zitiert grosse Kriegsfilme, ohne sie zu imitieren.– Cineman-Kritiker Peter Osteried

© Netflix

Gut vier Jahrzehnte nach Ende des Vietnamkriegs, der im Land als „der amerikanische Krieg“ bezeichnet wird, kehren vier farbige Männer, die dort einst kämpften und bluteten, zurück. Getrieben werden sie nicht nur von der Erinnerung an ihren Freund Norman, der in Vietnam gefallen ist und dessen Überreste sie nun finden und nach Hause bringen wollen, sondern auch davon, Gold zu finden, das sie bei einer Mission damals sicherstellten und versteckten. Die Suche nach Norman und dem Gold weckt bei ihnen alte, mitunter schmerzhafte Erinnerungen.

Lees Film ist mit zweieinhalb Stunden einen Tick zu lang, er muss aber auch viel hineinpacken. «Da 5 Bloods» ist zum Teil ein Kriegsfilm, zum Teil ein Heist-Movie, vor allem aber ein Werk, das sich mit der afroamerikanischen Perspektive auseinandersetzt. Lee zitiert grosse Kriegsfilme, ohne sie zu imitieren, er orientiert sich am Klassiker «The Treasure of Sierra Madre», und er garniert das alles mit Informationen zur afroamerikanischen Geschichte. Lee spielt dabei immer mit der Form.

Der Cast spielt durchs Band hervorragend.– Cineman-Kritiker Peter Osteried

Die Szenen aus dem Vietnamkrieg werden im Format 4:3 gezeigt, die gegenwärtige Handlung kommt in Breitbild daher. Dazu kommen Porträtfotos afroamerikanischer Heldenfiguren, aber auch Nachrichtenmaterial, wie das von Trump bei einer seiner Wahlkundgebungen, wird in die Erzählung integriert. Weil es nicht nur um den Krieg geht und das, was er mit den Veteranen gemacht hat, sondern auch darum, dass sich über Jahrzehnte und Jahrhunderte kaum etwas geändert hat.

© Netflix

Alle Schauspieler sind hervorragend, Delroy Lindo übertrumpft sie als Veteran, der an PTBS leidet, jedoch alle. Es ist eine vielschichtige, komplexe Darstellung, die er abliefert. Der Film mag tonal ein wenig uneins erscheinen, weil er zum letzten Drittel hin deutlich gewalttätiger wird, aber die Szenen funktionieren tatsächlich als Kontrastpunkt zu den Erlebnissen während des Kriegs sehr gut.

Die Action unterhält, es sind jedoch die gebrochenen Leben der GIs, die nachwirken. Sie haben in einem unmoralischen Krieg gekämpft, der nicht ihrer war, für Freiheiten, die sie selbst nicht hatten. Der Krieg endete, der Kampf geht weiter.

4 von 5 ★

«Da 5 Bloods» ist ab sofort auf Netflix verfügbar.

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Kommentare 4

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BadeMeister

vor 3 Jahren

Ein Muss für 20 - 60 Jährige!
Andi, Jg. 51


oscon

vor 3 Jahren

Es ist typisch für die heutige Medienlandschaft, das (Leit-)Medien aktuelle Geschehnisse (leider) in Filme hinein interpretieren.
Für mich wirkt das leider nur "gesucht", nichts weiter...nur weil ein Film aktuelle Geschehnisse aufzugreifen scheint(?), ist er nicht besser!
Zum Film: Leider verdreht Spike Lee etwas die Geschichte 'rund um den Vietnamkrieg.
Nicht mal 33% der Afroamerikaner bestanden (mangels Schulbildung ?) den Aufnahmetest für den Einsatz in Vietnam.
So gesehen mutet der Film mit einem reinen schwarzen Team (dazu noch in der 1. Kavalerie Big Red One) etwas gar wie "Science Fiction" an., da falsch (?) rechchiert...
Der Film ist zwar technisch (z.B. mit den Kriegseinblendern) gut gemacht, ist zwischenzeitlich jedoch etwas gar langatmig und z.T. gespickt mit unglaubwürdigen Situationen.
Gerade die "Minenszene" wird durch zig vorhergehende Einstellungen richtig "heraufbeschworen", andere Szenen Tarantino-like "übertrieben" (aber uncool) dargestellt...
Schauspielerisch gefallen eigentlich mehrheitlich die Nebenrollen, wie Y. Lan als geheimnisvolle Tien, sowie (wie immer) Jean Reno und Johnny Nguyen als Vinh.
Delroy Lindo ist mit seinem manisch leuchtenden Augen solide, "Black Panther" Chadwick Boseman als glorifizierter Marcolm X Verfechter eher schwach (und unglaubwürdig).
Was bleibt, ist ein "Motherfucker-Bro" Film, der langatmigen Sorte ! 2 Sterne (**)Mehr anzeigen

Zuletzt geändert vor 3 Jahren

BadeMeister

vor 3 Jahren

Aber überproportional viele tote Soulpeople sowie weitaus mehr abgewiesene Veterans Administration Hilfsgesuche bei Schwarzen sind OK? Mensch sieh die Fakten statt nur Filme gucken...


taybans

vor 3 Jahren

oh...


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