News31. Oktober 2022

Halloween 2022: Ein kurzer Trip durchs Horrorgenre

Halloween 2022: Ein kurzer Trip durchs Horrorgenre

Auch wenn der Spätsommer noch einmal seine letzten Fühler ausstreckt, ist es wieder so weit: Die dunkle Jahreszeit bricht an. Und mit ihr steht auch das Halloween-Fest auf der Matte. Anlässlich der gruseligen Kürbisnacht möchten wir euch dieses Mal auf einen kleinen Streifzug mitnehmen und zeigen, wie vielfältig das Horrorgenre sein kann. Überschneidungen zwischen den einzelnen Spielarten sind dabei freilich nicht ausgeschlossen.

Artikel von Christopher Diekhaus

«Das Waisenhaus» (2007)

Klassischer Haunted-House-Schrecken

Seit der Frühgeschichte des Horrorkinos gehört der Spukhausfilm trotz oft eingefahrener Abläufe zu den Konstanten des Genres. Dass man dieser Gruselrichtung auch weiterhin neue Facetten abgewinnen kann, beweist die spanisch-mexikanische Koproduktion «Das Waisenhaus» von Juan Antonio Bayona.

Eine Frau kehrt darin in das große Haus ihrer Vergangenheit zurück, das einst als Heim für Kinder ohne Eltern diente. Sie selbst will dort nun einen Wohnort für behinderte junge Menschen einrichten und wundert sich zunehmend über das Verhalten ihres Adpotivsohns, der von einem neuen Freund berichtet und nach einem Streit spurlos verschwindet. Den Stil klassischer Haunted-House-Streifen souverän einfangend, steuert der billige Effekthascherei konsequent umgehende Film auf eine tieftraurige Erkenntnis zu. Schön, dass es immer mal wieder derart sensible, unaufgeregte Schauerwerke gibt.

Verfügbar auf Amazone Prime

«Ich seh, ich seh» (2014)

Verletzte Seelen im Psychohorror

Gleich mit seiner ersten abendfüllenden Kinoarbeit «Ich seh, ich seh» sorgte das Regiegespann Veronika Franz und Severin Fiala international für Furore. Der Trailer zu diesem psychologischen Gruselstück liess selbst in den USA so manchem Horrorfan die Haare zu Berge stehen. Kein Wunder, entfaltet der schleichend erzählte Film doch ein albtraumhaftes Szenario, an das man emotional leicht andocken kann:

Ein Zwillingsduo zweifelt nach der Rückkehr seiner von einer Schönheits-OP gezeichneten Mutter an, dass die im Gesicht komplett bandagierte Frau wirklich ihre Mama ist. Als sich der Verdacht zu erhärten scheint, überschlagen sich die Ereignisse. Obwohl der finale Twist schon früh zu erahnen ist, hält der Identitätsfragen umkreisende Psychothriller seine Spannung bis zum schmerzhaft-schonungslosen Schlussdrittel aufrecht.

«Ich seh, ich seh» entfesselt keinen Blutrausch, geht aber gerade dank seiner unterkühlt-strengen Inszenierung gehörig an die Nieren. Die Qualität dieses ungemütlichen österreichischen Familienschockers unterstreicht nicht zuletzt das im September 2022 veröffentlichte US-Remake «Goodnight Mommy», das in seiner groben Aufmachung in jeder Hinsicht den Kürzeren zieht.

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«Nightmare – Mörderische Träume» (1984)

Der Slasher-Albtraum

Mit John Carpenters stilbildendem Horrorthriller «Halloween – Die Nacht des Grauens» (1978) erblühte in den USA das sogenannte Slasher-Kino, das sich vor allem durch zwei Merkmale auszeichnet: einen oft messerschwingenden Killer und Teenager, die nicht selten leichte Beute sind. Das schnell formelhafte Gestalt annehmende Subgenre erfuhr dank Wes Cravens «Nightmare – Mörderische Träume» eine kleine Frischzellenkur, wurde darin doch die Abzähldramaturgie mit den unkontrollierbar waltenden Kräften im Schlaf kombiniert.

Mehrere Jugendliche erkennen, dass in ihren Träumen der eigentlich tote Serienmörder Freddy Krueger (Robert Englund) auftaucht und sich auf einmal zu einer Bedrohung in der Wirklichkeit auswächst. Dem Regisseur gelingt es, eine verstörend-surreale Atmosphäre zu erzeugen und mit dem vernarbten Bösewicht eine der grössten Horrorikonen zum Leben zu erwecken. Viele Kollegen, die Carpenters «Halloween» nacheiferten, konnten da wohl nur vor Neid erblassen.

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«Evil Dead» (2013)

Lasst das Blut spritzen

Blut und der Horrorfilm gehören zusammen, am ausgeprägtesten im sogenannten Splatter-Kino, das den in alle Richtungen spritzenden roten Lebenssaft geradezu zelebriert. Ein jüngerer Vertreter dieser Spielart ist «Evil Dead», das Regiedebüt von Fede Alvarez, das als kreative Neuinterpretation des deftigen Klassikers «The Evil Dead» von Sam Raimi vermarktet wurde.

Wie im wilden Original fahren ein paar junge Menschen in eine Hütte im Wald, die eine grausige Vergangenheit hat, und beschwören versehentlich einen mörderischen Geist. Während der Ton ernster ist als bei Raimi, präsentieren sich die Macher handwerklich ähnlich geschickt. Dass man von der aufziehenden Terrorstimmung mitgerissen wird, liegt auch an den praktischen, nicht aus dem Computer stammenden Gore-Effekten, die dem Zuschauer einiges abverlangen.

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«The Girl with All the Gifts» (2016)

Hilfe, die Zombies sind los

Zombiefilme gab es in den letzten Jahren unzählige. Nur wenige hinterlassen aber so tiefe Spuren wie die Romanverfilmung «The Girl with All the Gifts», die von Colm McCarthy inszeniert wurde. Im Mittelpunkt steht hier ein Mädchen, das nach dem Ausbruch einer Zombieseuche in England zusammen mit einigen anderen Kindern in einer Militärbasis zu Forschungszwecken festgehalten wird.

Im Gegensatz zu den Erwachsenen behalten infizierte Kinder nämlich ihre Fähigkeit zum klaren Denken. Als der Rückzugsort überfallen wird, muss die Protagonistin mit ihrer Lehrerin, einer Wissenschaftlerin und einigen Soldaten fliehen. Auch wenn sich der postapokalyptische Thriller typischer Endzeitmotive und bekannter Erzählmechanismen bedient, findet er immer wieder Gelegenheit, um das Profil der jungen Hauptfigur zu schärfen und über das Menschsein unter lebensbedrohlichen Bedingungen zu sinnieren. Eine echte Wucht sind zweifellos die gleichermassen niederschmetternden wie erhebenden Schlusseinstellungen.

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«A Quiet Place» (2018)

Dem Monster die Stirn bieten:

Auch der Monster- bzw. Tierhorrorfilm zählt seit dem Entstehen der ersten Gruselarbeiten für die grosse Leinwand zum Kanon des Genres. Steven Spielbergs «Der weisse Hai» (1975), der Überklassiker dieser Untergattung, dürfte fast jedem ein Begriff sein. Selbst Menschen, die den Schocker nie gesehen haben. 2018 legte John Krasinski mit «A Quiet Place» einen inhaltlich zwar gradlinigen, dennoch ungewöhnlichen Beitrag vor. Kommt sein Film doch fast gänzlich ohne Dialoge aus und nutzt umfassende Stille, um die Spannung in schwindelerregende Höhen zu treiben. Der Grund für fehlende Wortwechsel:

In einer nahen Zukunft haben sich auf der Erde Alien-Kreaturen breitgemacht, die nicht sehen, dafür aber jedes noch so leise Geräusch wahrnehmen und lokalisieren können. Viele Menschen sind den Invasoren schon zum Opfer gefallen. Die im Zentrum stehende Familie kämpft allerdings verzweifelt ums Überleben und achtet darauf, keine Laute von sich zu geben. Kann man über einige logische Brüche hinwegsehen, nimmt einen der kammerspielartige Horrorthriller gefangen. Auch, weil die ausserirdischen Angreifer wahrlich furchteinflössend gestaltet sind.

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«The Strangers» (2008)

Angstvorstellung Home Invasion

Zuhause fühlen wir uns sicher, kennen jeden Winkel, sind abgeschirmt vor der Welt da draussen, können tun und lassen, was wir wollen. Grösstenteils zumindest. Umso gruseliger ist der Gedanke, im eigenen Refugium einem Eindringling ausgeliefert zu sein. Eine Vorstellung, die das Subgenre des Home-Invasion-Thrillers unablässig nährt.

Zu den stärkeren Vertretern gehört Bryan Bertinos Regiedebüt «The Strangers», das auch ohne eine originelle, ausgefuchste Handlung zu fesseln weiss. Der Schlüssel zum Erfolg: Eine gnadenlos effektive, Horrorstilmittel geschickt einsetzende Inszenierung und eine zeitliche und räumliche Begrenzung, die einem den Atem stocken lässt. Obwohl wir nicht viel über das Pärchen erfahren, das nach einem frustrierend endenden Besuch auf einer Hochzeit in sein Ferienhaus zurückkehrt und dort von drei Maskierten bedrängt wird, drückt man dem überrumpelten Gespann die Daumen.

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«The Visit» (2015)

Die Wirkung der vermeintlich echten Bilder

Der wohl berühmteste Found-Footage-Streifen der Filmgeschichte ist die Low-Budget-Produktion «The Blair Witch Project» aus dem Jahr 1999, die eine Welle an – weniger gelungenen – Kopien lostrat. Nach einem heftigen Karriereknick entschied sich auch der einst als Wunderkind gefeierte M. Night Shyamalan, einen Comeback-Versuch mit einem Horrorthriller zu starten, der aus vermeintlich authentischem Filmmaterial besteht. Bei ihm fahren zwei Geschwister zu ihren bislang unbekannten Grosseltern und wundern sich schon kurz nach der Ankunft über das merkwürdige Gebaren der alten Leute.

«The Visit» erzeugt mit seinen Handkamerabildern eine Nähe, die für das Mitfiebern wichtig ist, kreiert gleichzeitig aber auch ein Gefühl der Beklemmung. Absurde Einlagen regen die Lachmuskeln an. Garstige Ideen und Wendungen verleihen dem Geschehen jedoch eine verstörende Note. Trotz kleinerer Schwächen fällt die Gratwanderung überzeugend aus. Und wie man es von Shyamalan kennt, wartet am Ende eine fiese Enthüllung.

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«Die Monster AG» (2001)

Gruseln mit Humor für Jung und Alt

Auch Monster können knuffig sein – diese Erkenntnis vermittelt der Animationsstreifen «Die Monster AG» aus dem Hause Pixar mit grosser Fabulierlust. Hauptfiguren sind ein haariger blauer Riese und sein einäugiger Kumpel, die im Land der sympathischen Ungeheuer in einer Energie erzeugenden Fabrik arbeiten.

Gewonnen wird der Strom, indem die Monster durch eine Tür ins Reich der Menschen steigen und dort Kinder erschrecken. Eines Tages schlüpft bei der Rückkehr der beiden Freunde versehentlich ein Mädchen durch das Tor in ihre Welt. Eine ideenreiche Geschichte, mehrdimensionale Charaktere und eine tricktechnisch brillante Arbeit machen aus diesem gruseligen Spass ein Fest für die ganze Familie.

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