Artikel26. November 2017

Schweizer Oscar-Hoffnungen über Hollywood: “Die kochen alle auch nur mit Wasser”

Schweizer Oscar-Hoffnungen über Hollywood: “Die kochen alle auch nur mit Wasser”

Nach den letztjährigen Erfolgen von Schweizer Filmen wie «Ma vie de Courgette» oder «La Femme en TGV» bei den Oscar-Verleihungen will dieses Jahr eine neue Gruppe von helvetischen Filmemachern Hollywood erobern.

Von Gaby Tscharner aus Hollywood

Ein strahlender Novembermorgen mit Temperaturen um die 25 Grad, ein Tag, wie er nur in Los Angeles stattfindet: Im Garten der Residenz des agierenden Generalkonsuls Peter Hafner wird für die diesjährigen Schweizer Oscar-Hoffnungen ein Empfang gegeben. Am Buffet, das einheimische Leckerbissen wie Züri Gschnätzlets, Spätzli und Linzertorte aufweist, mischen sich die helvetischen Jungfilmer unter Angelenos mit Schweizer Wurzeln wie Schauspieler und Sens Unik-Rapper Carlos Leal oder Sounddesigner und Akademie-Mitglied Peter Staubli.

Jan-Eric Mack war Teilnehmer an den diesjährigen ZFF Masters.

„Das Erstaunlichste ist aber, dass die alle auch nur mit Wasser kochen.“– Jan-Eric Mack

„Es ist grad ein bisschen gestört“, meint Jan-Eric Mack, dessen Kurzfilm Facing Mecca Anfang Jahr beim Palm Springs Filmfestival ausgezeichnet wurde und sich damit für eine mögliche Oscar-Nomination qualifizierte. Gestern habe er den Chef für Serien beim Pay-TV-Kanal HBO getroffen und Staubli habe ihn mit dem Sound Designer von Blade Runner 2049 bekannt gemacht. „Alles Leute, die sich an der Spitze ihres Berufsfelds befinden“, schwärmt Mack. „Das Erstaunlichste ist aber, dass die alle auch nur mit Wasser kochen.“

Letztes Jahr haben Schweizer Filme wie Ma vie de Courgette oder der Kurzfilm La femme et le TGV dank ihren Oscar-Nominationen auf das helvetische Filmschaffen aufmerksam gemacht. Mit den Regisseuren Claude Barras und Timo von Gunten, den Produzenten beider Filme und der Casting-Agentin Corinna Glaus wurden sieben weitere Schweizer in die Motion Picture Akademie aufgenommen, die sich nun dieses Jahr mit Alteingesessenen wie Arthur Cohn, Xavier Koller oder Pietro Scalia unter das Oscar-Stimmvolk mischen.

Trailer des Stop-Motion-Films und Überraschungshit «Ma vie de Courgette»

Ich fühle mich wie der kleine Nemo, der aus dem Aquarium Schweiz hinaus in den grossen Ozean schwimmt.– Petra Volpe

Das gibt Filmemacherinnen wie Petra Volpe, die sich mit ihrem Erfolgsfilm Die göttliche Ordnung mit diversen Auszeichnungen am New Yorker Tribeca Festival für eine Oscar-Nomination qualifiziert hat, Hoffnung: „Ich fühle mich wie der kleine Nemo, der aus dem Aquarium Schweiz hinaus in den grossen Ozean schwimmt“, schwärmt die Aargauerin bei der offiziellen Los Angeles Premiere von «The Divine Order», wie ihr Film über das Frauenstimmrecht in der Schweiz auf englisch heisst. „Dass wir unseren Film in den USA zeigen, dieses Thema der Frauensolidarität hier, zur Zeit der Harvey Weinstein Affäre, präsentieren können, das ist der Wahnsinn!“

Frauen auf dem Vormarsch: Petra Volpes «Die göttliche Ordnung».

‹Ja, und› anstatt ‹ja, aber›

Zum zweiten Mal werden nebst dem Foreign Language Film auch fünf Kurzfilme für die Academy Awards eingereicht. „Offene Türen müssen durchschritten werden“, beschreibt Mack, dessen Short Facing Mecca auch mit einer Silbermedaille bei den Student Academy Awards ausgezeichnet wurde, sein Motto. „Was mir an der amerikanischen Mentalität gefällt, ist, dass man hier jeweils ‹ja, und› hört, während es in der Schweiz immer ‹ja, aber› heisst.“

Gespräch beim obligaten Pool: Empfang im Garten der Residenz des agierenden Generalkonsuls Peter Hafner für die diesjährigen Schweizer Oscar-Hoffnungen.

Laut Mack gibt es eine gute, neue Generation Schweizer Filmemacher mit einer enormen Power, zu denen auch Fabio Friedli und Remo Scherrer zählen, deren Filme In A Nutshell und Bei Wind und Wetter in der Kategorie Animated Short Film nominiert werden können. Matteo Gariglio, Franchesca Salisi und Mark Olexa haben sich sich mit En la boca und Moriom, zusammen mit Macks Film, für die Kategorie Documentary Short Subject qualifiziert. „Ich hüte mich davor, Erwartungen zu haben”, zeigt sich Friedli, der als Pablo Nouvelle auch eine gut gehende Karriere als Musiker hat, zögernd optimistisch. “Es ist eine seltsame Reise, auf der ich mich befinde. Es ist zwar genial, dass der Schweizer Animationsfilm ein Aushängeschild für unser Filmschaffen ist, aber mir geht es hier in Hollywood in erster Linie um das Erlebnis.“

Ob das Erlebnis der Schweizer Oscar Hoffnungen noch aufregender wird, zeigt sich Anfang Dezember, wenn die Motion Picture Academy of America die erste Shortlist der Filme veröffentlicht, die für einen Academy Award nominiert werden können. Die definitiven Oscar-Nominationen werden am 23. Januar bekannt gegeben.

Unsere Autorin Gaby Tscharner mit einem Schweizer Erfolgsexport: Filmemacherin Petra Volpe.

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