Kritik27. Februar 2023

Berlinale 2023: «Mummola»: Heile Familie

Berlinale 2023: «Mummola»: Heile Familie
© Sami Kuokkanen / Aamu Filmcompany

Meist ist es so: je höher die Erwartungen an eine harmonische Familienzusammenkunft sind, desto eher wird man enttäuscht. Gerade an Weihnachten streitet es sich besonders gut – dafür muss man nicht mal unbedingt miteinander reden, wie es die finnische Familie in «Mummola» vormacht.

«Mummola»: Heile Familie

Tia Kouvo | 114 Min.

Ein Text von Teresa Vena

Es ist Weihnachten: Wenn man die Familie sonst im Jahr nicht viel sieht, dann spätestens zum «Fest der Liebe». Bei dieser finnischen Familie ist es allerdings eine Pflichtübung. Es kommen alle im Haus von Ella (Leena Uotila) und Lasse (Tom Wentzel) zusammen. Sie sind die Eltern der beiden erwachsenen Schwestern Susanna (Ria Kataja) und Helena (Elina Knihtilä), die ihrerseits mit ihren Kindern zu Besuch sind. Während sich Ella übermässig bemüht, gute Laune zu verbreiten, trinkt Lasse ein Bier nach dem anderen. Auf Susannas Ankündigung, dass sie zur Leiterin der Schaufensterdekorationsabteilung in ihrem Einkaufszentrum befördert wurde, sind die Reaktionen alles andere als begeistert. Helena stellt eine zynische Rückfrage, die anderen schweigen sich aus. Susanna ist enttäuscht. Am nächsten Tag ist Lasse schon vor dem Frühstück vollständig betrunken, schlurft durch das Haus oder schläft, während die anderen in die Sauna gehen, Weihnachtslieder singen oder am Tisch sitzen.

Die Linie zwischen Drama und Komik ist in «Mummola» der finnischen Regisseurin Tia Kouvo sehr dünn. Ohne Pathos und überraschende sensationalistische Wendungen beobachtet der Film die Dynamik zwischen den einzelnen Familienmitgliedern, die sich daran gewöhnt haben, nicht offen miteinander reden zu können. Sie haben sich auch mit der Alkoholsucht des Grossvaters abgefunden. Nur die Enkelin erlaubt sich, ihm unverblümt Vorwürfe zu machen: «Man würde an deinem Verhalten nicht ablesen können, dass wir dir wichtig sind, Opa». Die Weihnachtsfeier bei dieser finnischen Familie ähnelt dem idyllischen Bild nicht, das man sich von Weihnachten, auch geprägt von unzähligen US-amerikanischen Familienfilmen, gerne machen möchte.

Visuell entscheidet sich Kouvo für eine feste Kamera, die das Geschehen leicht entrückt in der Totale aufnimmt. Das erlaubt dem Publikum, viele Details in der jeweiligen Einstellung zu entdecken. Manchmal kommt eine Stimme von ausserhalb des Bildes, dann streckt die rote Katze die Schnauze herein, im Hintergrund sitzt der Grossvater in den Boxershorts und im Bademantel und fummelt an der Fernbedienung herum. Dieser beobachtende Blick gibt den einzelnen Figuren ihren Raum und erlaubt es, sich selbst in ihnen wiederzufinden.

5 von 5 ★

Eine Zusammenstellung aller Texte der 73. Berlinale findest du hier.

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