Paula Deutschland 2016 – 123min.

Filmkritik

Verkannte Künstlerin

Andrea Lüthi
Filmkritik: Andrea Lüthi

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ging Paula Modersohn-Becker ihren eigenen Weg in der Malerei. Christian Schwochow setzt in seinem Porträt über die deutsche Künstlerin auf eine ergreifende Story und eine unauffällige Filmsprache.

Paula malt konzentriert in ihrem Atelier, als sie ins Haus gerufen wird: Sie soll ein Paar bewirten, das an den Bildern ihres Ehemanns Otto Modersohn interessiert ist. Beiläufig fragt der Käufer, ob Paula auch male und glaubt an einen Scherz, als Ottos Tochter auf ein Bild an der Wand deutet. Das Bild stamme ja wohl vom Kind selber!

Die Szene verdeutlicht Paula Modersohn-Beckers Schwierigkeiten, als Künstlerin Fuss zu fassen. Wie Gabriele Münter, Camille Claudel und andere Künstlerinnen stand sie im Schatten ihres Partners und bekam zu Lebzeiten keine gebührende Anerkennung. Modersohn-Beckers innovativer Malstil, der bereits Züge des Expressionismus trug, wurde als grotesk wahrgenommen.

"Es ist unsere Aufgabe, die Natur genau abzubilden. Alles andere sind Schmierereien von Dilettanten", sagt Fritz Mackensen, ihr Lehrer in der Künstlerkolonie Worpswerde in Niedersachsen. Dennoch verfolgt die selbstbewusste junge Frau hartnäckig ihr Ziel, als Künstlerin zu arbeiten und bewahrt ihren Stil. Sie tupft und knallt den Pinsel auf die Leinwand und weckt das Interesse Otto Modersohns (Albrecht Schuch), Mitgründer der Künstlerkolonie. Ihn wird sie bald darauf heiraten. In Worpswerde lernt Paula auch ihre Freundin kennen, die Bildhauerin Clara Westhoff (Roxane Duran). Sie und ihr späterer Ehemann Rainer Maria Rilke (Joel Basman) locken Paula schliesslich nach Paris, weg von der "Kleingartenkunst", wie Rilke die Werke der Künstlerkolonie bezeichnet. Der lebenshungrigen Paula ist es zu eng und zu starr im beschaulichen Worpswede. In Paris entdeckt sie die Werke Cézannes. Hier entwickelt sich die Kunst weiter; hier findet sie Inspiration und Abwechslung. Trotzdem gelingt es Otto am Ende, sie nach Worpswerde zurückzuholen.

Der Film wiedergibt Paula Modersohn-Beckers Biografie sehr frei.
Carla Juri (Feuchtgebiete*) interpretiert die Künstlerin als quirlige, unbekümmerte Frau, die Konventionen und Befindlichkeiten übergeht, um an ihr Ziel zu gelangen. Das ist erfrischend, und es verhindert, dass der Film zu bedeutungsschwer wird. Wenn Clara und Paula herumalbern und kichern, kann das aber schon mal zu überdreht und zu schrill wirken.

Paula Modersohn-Beckers schwierige Situation in der männerdominierten und konservativen Kunstszene bekommt im Film zwar viel Raum. Doch droht ihr Leiden an der langen Kinderlosigkeit manchmal zu überwiegen. Es dient offensichtlich als dramaturgisches Mittel und trägt massgeblich zur ergreifenden Story und dem tragischen Ende bei. Das geht aber auch auf Kosten des künstlerischen Aspekts. Von einem Film über eine Künstlerin, die ihrer Zeit voraus war, hätte man sich nicht nur mehr Einblick in ihr Schaffen, sondern auch eine etwas gewagtere Filmsprache und Erzählweise erhofft.

15.12.2016

3

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Kommentare

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Patrick

vor 7 Jahren

Anfangs ziemlich langatmig und schrill-überdreht wird aber mit dem Schauplatz Wechsel nach Paris besser.Darsteller,Ausstattung und Kostümen sind famos.Die Aufnahmen werden mit malerischen Farbtöne auf die Leinwand gebracht.Das gibt 3.1/2 Farbtupfer von 5.


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