Hieronymus Bosch - The Garden of Dreams Frankreich, Spanien 2016 – 86min.

Filmkritik

Boschs rätselhafte Bilderwelt

Rolf Breiner
Filmkritik: Rolf Breiner

Holland, Paris und natürlich der Prado feierten den 500. Todestag des Renaissance-Malers Hieronymus Bosch (1450 – 1516). Der Dokumentarfilm von José Luis López-Linares konzentriert sich auf ein einziges Gemälde: «Der Garten der Lüste». Eine detaillierte Bildbetrachtung und –reise für Kunstfreunde und -kenner.

Er starb vor 500 Jahren, und seine Bilder sind ungeheure Panoramen, Labyrinthe, vielbevölkerte Schauplätze und heute noch verschlungene Rätsel. Sie beschreiben sehr drastisch Ängste der Zeit, Kriegs- und Foltergräuel, höllische und himmlische Visionen. Sie sind religiös und dämonisch, politisch und poetisch, erregend und erschreckend. Erhalten sind laut Bosch Research and Conservation Project 27 Bosch-Gemälde auf Holztafeln und 20 Zeichnungen. Geschaffen wurden sie im Kontext der Liebfrauenbruderschaft, im Auftrag seitens städtischer Elite oder niederländischen Hochadels, etwa des Erzherzogs Philipp des Schönen.

Dokumentarfilmer José Luis López-Linares, der einst als Chefkameramann für Carlos Saura, aber auch für Alain Tanner oder Victor Erice tätig war, hatte bereits fünf Maler porträtiert. Dann boten ihm das Prado-Museum und die BBVA-Stiftung (Banco Bilbao Vizcaya Argentaria) an, einen Film über Hieronymus Bosch zu drehen. Er pickte sich aus der Bosch-Welt das bildgewaltige Triptychon «Der Garten der Lüste», um 1500 entstanden und von Nachfolgern ergänzt, heraus, das seit 1936 zur Prado-Sammlung gehört. Das Buch von Reindert L. Falkenburg (2012) über den «Garten der Lüste» war für den Filmer Auslöser seiner Bildwahl.

Kleine Szenen werden herausgegriffen, Symbole, Gestalten, Situationen erörtert und zugeordnet. Experten, Bewunderer, Betrachter geben Statements ab, machen auf winzige Gesten, Gesichter, Begebenheiten aufmerksam. Dabei äussern sich Autor Salman Rushdie, die Sängerin Silvia Cruz, der Historiker Hano Wijsmander, Comiczeichner Max, der Philosoph Michel Onfrau, Konservator Alejandro Vergara oder Herlinda Cabrero, Restauratorin des Prado Museums. López-Linares' Film trägt wenig dazu bei, den Schöpfer des «Gartens» zu erklären, näher zu bringen oder zu porträtieren (es gibt wenige gesicherte Angaben über Bosch). Die Dokumentation versteht sich als Reise in die rätselhafte Welt des Künstlers Bosch, in sein monumentales Menschheitsbild, sein vieldeutiges Mysterium. Der Filmer verglich sein Vorgehen mit dem eines «Archäologen der Emotionen». Vor allem fühlte er sich als jemanden, der Gedanken und Gefühle vermitteln wollte, als Geschichtenerzähler. Und Geschichten gibt es in den drei Tafelbildern unzählige. Neben der Vielzahl der Betrachter und Kommentatoren gibt Lopez-Linares seinem Film einen markanten musikalischen Rahmen. Das beginnt mit Jacques Brels «Mijn Vlakke Land», führt über «Gods and Monsters» von Lana del Rey bis zum «Vater unser». Kein Kinoereignis, wohl aber ein spezieller Film für Spezialisten.

16.02.2024

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