Das Tagebuch der Anne Frank Deutschland 2016 – 128min.

Filmkritik

Noch immer eine wichtige Geschichte

Peter Osteried
Filmkritik: Peter Osteried

Anlässlich des 70. Todestages von Anne Frank kommt nun eine neue Verfilmung in die Kinos, die versucht, der Vorlage gerecht zu werden – jener Vorlage, die zu Beginn der 2000er Jahre publiziert wurde und auch die Passagen enthielt, die Otto Frank in seiner Bearbeitung nach Ende des Weltkriegs entfernt hatte. Es geht darin um Annes erwachende Sexualität, aber auch den Zorn auf ihre Mutter.

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Anne Frank ist 13 Jahre alt, als sie von ihren Eltern zum Geburtstag ein Tagebuch geschenkt bekommt. Wenige Monate später befindet sie sich mit ihrer Familie in einem Versteck mitten in Amsterdam, weil sie als Juden von der Deportation durch die Nazis bedroht sind. Weitere Menschen finden in diesem Versteck Unterschlupf. Es ist eng, die Umstände sind widrig, die Nerven liegen blank – und Anne ist zum ersten Mal in ihrem Leben verliebt. Sie schreibt all das nieder, für die Nachwelt, und weil sie Schriftstellerin werden will. Noch träumt sie von einem Leben nach dem Krieg.

Bisherige Verfilmungen waren gut, diese neue Produktion überragt sie aber. Nicht, weil sie technisch so viel besser wäre, sondern weil sie Elemente beinhaltet, die früher nicht zur Verfügung standen. Wo Anne Frank bislang romantisierend verklärt wurde, erlaubt sich Hans Steinbichlers Werk einen authentischeren Blick auf das Mädchen. So befasst er sich nicht nur mit ihrer erwachenden Sexualität, sondern auch den Konflikten mit ihrer Mutter, die alles war, was Anne Frank nicht sein wollte. Dabei steht der Film nicht immer auf Annes Seite, sondern zeigt auch, wo sie sich daneben benimmt – wie es junge Menschen im Alter von 14 oder 15 Jahren eben auch tun.

Damit präsentiert sich diese Verfilmung vielschichtiger, auch mutiger, insbesondere auch, wenn man das Ende in Betracht zieht. Wo frühere Verfilmungen mit dem letzten Tagebucheintrag abbrechen, schont Steinbichler sein Publikum nicht. Er zeigt auch die letzten Tage des Mädchens in zurückhaltenden, aber nachwirkenden Bildern, die den Schrecken jener Zeit ein letztes Mal mit unglaublicher Wucht fassbar werden lassen.

Das ist ohnehin die ganz große Stärke dieses Films: Er versteht es, dem Publikum die Schrecken des Nationalsozialismus anhand einer einzigen Familie näherzubringen. Das Grauen wird auf den Mikrokosmos einer winzig-kleinen Wohnung verdichtet, ist dadurch aber emotional weit stärker nachfühlbar. Noch immer gilt: Annes Tagebuch ist eines der wichtigsten Zeitdokumente des Zweiten Weltkriegs. Der Film wird diesem gerecht. Er kann einer neuen Generation, für die diese Zeit unendlich lange fern zu sein scheint, etwas vermitteln, das Geschichtsstunden nur selten zu leisten vermögen: Ein Gefühl dafür, was niemals wieder passieren darf.

14.03.2016

4

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Kommentare

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Patrick

vor 8 Jahren

Lea van Acken(als Anne Frank), spielt alle weiteren Darsteller an die Wand, deswegen ist der Film auch trotz ein wenig überlänge sehr sehenswert. Für Lea war

die schlimmste und unvergesslichte Szene als ihr die Haare rasiert wurde.


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