Ricki - Wie Familie so ist USA 2015 – 101min.

Filmkritik

Rockerin mit Herz

Urs Arnold
Filmkritik: Urs Arnold

Sie wollte einst Rockstar werden, und liess dafür ihre Familie zurück. In Jonathan Demmes neuem Film trifft die mittellose Musikerin Ricki auf ihren entfremdeten Ex-Mann und die erwachsenen Kinder. Kann das gutgehen?

Es ist noch nicht lange her, da durfte Meryl Streep noch im bequemen Latzhosen ABBA-Songs intonieren. In Ricki and the Flash nun sieht man sie in Spandex und enge Lederjacke gezwängt, und hört sie zu Anfang mit aufgerauter Stimme Tom Pettys "American Woman" röhren. Ihre Ricki Rendazzo ist Sängerin, Gitarristin, Patriotin, Verkäuferin im Supermarkt, überschminkt, unterfinanziert. Die Rockstar-Pläne in den Achtzigern blieben Pläne – Pläne, die ihren damaligen Mann Pete (Kevin Kline) und ihre drei Kinder ausschlossen.

Durchaus nachvollziehbar also, dass ihr die Tochter (Streeps Tochter Mamie Gummer) in der direkten Zusammenkunft gleich einmal die Pest an den Hals wünscht. Pete bestellte Ricki in sein feudales Heim nach Indianapolis, weil Julie an der Trennung von ihrem Mann zu zerbrechen droht. Die Spannungen zwischen Mutter und Tochter entweichen mit der Zeit zwar, auch dank der verbrüdernden Kraft von Cannabis. Als es aber mit Petes neuer Frau Maureen (Audra McDonald) zur Konfrontation kommt, sitzt Ricki postwendend wieder im Flieger nach Kalifornien. Dort wartete eine weitere Verfänglichkeit in Form ihres quasi-Boyfriends, dem Gitarristen der Band (ein perfekt besetzter Rick Springfield) auf sie. Das Leben, so wird nicht erst dann klar, ist nun mal keine einzige romantische Powerballade.

Ricki and the Flash bringt erstmals Jonathan Demme als Regisseur und Diablo Cody als Schreiberin zusammen. Beide leben hier ihre Faibles aus: Demmes Affinität zur Musik durchzieht seine Filmografie (erwähnt sei hier die Talking-Heads-Doku Stop Making Sense), während Cody sich auf komplexe, eigentümliche Frauenfiguren spezialisiert hat.

Die vereinten Kräfte der beiden Oscar-Preisträger sind ein Versprechen. Eingelöst wird es nur stellenweise. Zum Beispiel in der Szene im Nobelrestaurant, in der sich die wiedervereinte Familie herrlichst angiftet, oder in den staubtrockenen Kommentaren von Julie, die als ausgeformter Charakter ohnehin eine prima Hauptfigur abgegeben hätte.

Als Ganzes gesehen ist der Film jedoch getrost mit einer weichproduzierten Platte einer Achtziger-Hairrock-Band zu vergleichen. Er bleibt nicht nur in seinen Figuren, ihren Geschichten und Konflikten an der Oberfläche, sondern lässt generell eine Abgerockheit, eine Kantigkeit vermissen, die etwa Diablos Skript zu Jason Reitmans Young Adult so brilliant machte.

Ricki and the Flash mag keine Offenbarung sein. Streep zuzusehen, wie sie einige Rockklassiker kernig vorträgt, macht trotzdem Laune und tröstet etwas über das uneingelöste Potential dieses Films hinweg.

16.04.2024

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Kommentare

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Berufsromantiker

vor 8 Jahren

Der Film scheint etwas oberflächlich, aber im Nachhinein hat er mich sehr nachdenklich gemacht. Meryl Streep spielt super und die Musik reisst Einiges heraus..


Patrick

vor 8 Jahren

Meryl Streep als Rock Göre Ricki ist einfach eine Wucht, so als wäre sie eine Schwester von Mick Jagger. Die Story ist zwar Vorsehbar und nach Schema F, aber dennoch ist Ricki and the Flash eine wunderbare und Rockige Dramödie.


seeyouto

vor 8 Jahren

Ich stimme dem Kommentar von vanillope zu. Obwohl Meryl Streep nicht grad meine Lieblingsschauspielerin ist, bringt sie hier auch ihre Stimme zum besten......


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