Phoenix Deutschland, Polen 2014 – 98min.

Filmkritik

Vergebliche Liebesmüh

Filmkritik: Eduard Ulrich

Christian Petzold und seine Lieblingsschauspielerin Nina Hoss verirren sich in einem Labyrinth aus Fehlkonstruktionen und Realitätsdefiziten. Das ist schade, denn die mangelhafte Ebene, die Geschichte einer Ausschwitz Überlebenden, die 1945 nach Berlin zurückkehrt und ihren Ex-Mann sucht, liefert die Grundlage für eine Beziehungsebene, auf der ein Paar seine verlorene Liebe wiederzufinden versucht. Die sorgfältige Inszenierung lässt die erwähnten Mängel nur umso bedauerlicher erscheinen.

Das ist kein Film über die Folgen der Nazi-Greuel, auch wenn er 1945 im zerbombten Berlin spielt. Die Jüdin Nelly kehrt zurück, aber sie ist entstellt. Der plastische Chirurg, der sie untersucht und ihr später abraten wird, ihr ehemaliges Gesicht restaurieren zu lassen, diagnostiziert unter anderem eine Schussverletzung.

Nelly lässt sich nicht beraten: Statt sich mit ihrer Freundin nach Israel abzusetzen, sucht sie ihren deutschen Ex-Ehemann, um - was eigentlich zu erreichen? Will sie nur wissen, wer sie an die Nazis verraten hat? Will sie ihn als Mann zurück oder gar so leben wie vorher, als Cabaret-Sängerin, die von ihm am Klavier begleitet wird? Als sie Johnny tatsächlich aufspürt, erkennt er sie nicht. Wegen ihrer Ähnlichkeit - das immerhin - mit seiner vermutlich in Auschwitz umgekommenen Ex-Frau, möchte er sie benutzen, um an ihr inzwischen angefallenes Erbe zu gelangen. Aus dieser Spannung zweier unterschiedlicher Intentionen bei äußerlicher Kongruenz in der labilen Phase einer möglichen Neu-Beziehung zieht der Film seine Energie.

Leider stimmt die Konstruktion hinten und vorne nicht. Ein Geschiedener besitzt keinen Anspruch auf das Erbe seiner Ex-Frau. Wenn die vermeintliche Erbin aber sogar schon tot ist, wovon Johnny die Behörden zu überzeugen versucht, wäre das Erbe nicht einmal ihr zugefallen. Drehbuchautor und Regisseur Christian Petzold geht es sichtlich um das Potential der Paar-Konstellation, um die Frage, ob eine neue Liebe möglich ist, vielleicht sogar darum, ob sie sowohl die geschundene als auch die sündige Seele heilen - oder wenigstens trösten - kann.

Auf dieser Ebene kommt dem Gelingen aber ein anderer, gravierender Konstruktionsmangel in die Quere: Die Eindeutigkeit der Individualität, die Unverwechselbarkeit der Persönlichkeit. Damit befindet sich Petzold - leider - in bester Gesellschaft: Vertigo, The Quarry und The Talented Mr Ripley beispielsweise benutzen das Doppelgängermotiv und scheitern genauso. Dass Petzold alles sorgfältig inszeniert und in gewohnt edler Retro-Ästhetik präsentiert, macht das wackelige Fundament nur umso trauriger.

15.10.2014

3

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Kommentare

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Barbarum

vor 7 Jahren

Das Ende ist so schonungslos und brillant, wie der ganze Film sein sollte. Aber leider fand ich ihn über weite Strecken nur schwerfällig.


Patrick

vor 8 Jahren

Der Film ist eine Perle unter den Christian Petzold Filmen, und ist somit ein DVD-Tip für alle Petzold und Arthouse Filmfans. Nina Hoss ist nicht nur in Petzold Filmen zu sehen sondern auch in USA Serie Homeland Staffel 4-5.


saraj

vor 9 Jahren

grossartiges Kino, packende Geschichte, und am Schluss die Frage: könnte es ein "Happy End" werden?


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