Interview

«Ach, die küssen doch alle gut!»

Raphaela Dreyfus
Interview: Raphaela Dreyfus

Die quirlige Diane Keaton wurde am ZFF für ihr Lebenswerk ausgezeichnet. Was sie motiviert, wen sie gerne küsst und wie man in Würde altert, erzählte sie uns im Interview.

«Ach, die küssen doch alle gut!»

Frau Keaton, Sie sind eine der wenigen Schauspielerinnen, die öffentlich zugeben, dass Sie sehr gerne vor der Kamera küssen.

Und den anderen Schauspielerinnen gefällt das nicht?

Die geben es wohl einfach nicht zu!

Natürlich gefällt es ihnen! Die lügen doch. (lacht)

Mit wem hatten Sie denn den besten Filmkuss?

Je älter ich werde, desto mehr geniesse ich die Küsse, weil sie im echten Leben immer seltener passieren. Ich freue mich also jedes Mal darauf. Zuletzt küsste ich Morgan Freeman vor der Kamera und der war wirklich sehr angenehm – dem gebe ich ein A! Und Michael Douglas natürlich auch. Ach wissen sie, die küssen doch alle gut!

Mit Michael Douglas – war's da eher romantisch oder witzig?

Sehr witzig. Romantisch wars eigentlich nicht – er ist ja schliesslich ein verheirateter und sehr guter Mann, und letzten Endes sowieso nicht an mir interessiert.

Mit Michael Douglas sind Sie ja in Ihrem aktuellen Film And so it Goes zu sehen – was gefiel Ihnen speziell an der Geschichte dieses Films?

Ich hatte wieder die Möglichkeit zu singen und endlich mit Michael Douglas zu drehen, mit dem ich ja bisher noch nie zusammengearbeitet habe. Mir gefiel aber auch die Figur der Leah, die ich spielte. Sie braucht so offensichtlich jemanden, der ihr in den Hintern tritt – eigentlich hat sie schon aufgegeben und muss sich jetzt endlich wehren. Das fand ich sehr witzig, da ich persönlich ja auch denke, dass man niemals aufgeben sollte.

Sie weint ja auch die ganze Zeit und ist sehr emotional – sind Sie im echten Leben auch so?

Ja, wahrscheinlich bin ich das schon auch. Musik zum Beispiel bewegt mich immer wieder. Den neuen John Legend-Song liebe ich! Es braucht also wirklich nicht viel, damit ich emotional berührt bin.

Sie wirken wie eine Frau, die keine Angst vor dem Älterwerden hat, was in Hollywood doch recht ungewöhnlich ist.

Was soll ich denn tun? Wenn es ja sowieso vor niemandem Halt macht. Ich schätze mich sehr glücklich überhaupt älter werden zu dürfen. Ich wüsste auch gar nicht, wie ich damit anders umgehen könnte. Ich kann es ja offensichtlich nicht leugnen...

Fühlen Sie sich denn heute freier als früher?

In einigen Fällen schon, aber sicher nicht immer. Es verändert sich ja so vieles über die Jahre. Ich sage jetzt direkter, was ich will, was ich kann und vor allem was nicht. Den Regisseuren zum Beispiel – so wissen sie genau, was sie zu erwarten haben. So schütze ich mich in einer gewissen Weise ja auch selbst, obwohl das wahrscheinlich schwachsinnig ist.

Sie haben ja lange mit Woody Allen zusammengearbeitet – wie hat sie diese Zusammenarbeit geprägt?

Woody Allen war ganz klar der Lehrer meines Lebens. Annie Hall war ja unglaublich! Ich lernte so viel von ihm, vor allem über die Schauspielerei. Er brachte mir bei, mich zu entspannen und einfach loszulassen. Ganz wichtig war, das ich durch ihn lernte, dass ich mir keine Sorgen machen musste. Er machte nie eine grosse Sache aus der Schauspielerei, schrieb mir nie vor, wie ich zu sein hatte, oder mich verhalten musste. Oft warf er mich ins kalte Wasser und ich musste mich einfach darauf einlassen. Ein Beispiel: Er wollte von mir, dass ich Marlon Brando imitierte – obwohl ich mich nicht darauf vorbereitet hatte. Er schickte mich auf dem Set in meinen Wohnwagen, ich übte etwas und versuchte es einfach. Ob's gut war? Wahrscheinlich nicht – aber lustig war es (lacht).

Abgesehen von Woody Allen – was motiviert sie als Schauspielerin zu arbeiten?

Ich habe es glaube ich einfach in mir. Ich wusste schon immer, dass ich einmal performen wollte. Ich hätte es aber nie gewagt mich als Schauspielerin zu bezeichnen. Dazu gehört noch so viel mehr, als das, was ich tue. Ich stelle mir da echte Schauspielerinnen vor und nicht mich, solche die sich so in eine andere Rolle einfühlen, dass sie zu dieser Rolle werden. Das kann ich nicht. Ich sage immer, dass ich wohl eher in Filmen auftrete. Bis zu einem gewissen Grad kann mich mit der Rolle identifizieren, zur Figur werde ich aber nie.

Liegt das vielleicht auch daran, dass es Männer schwer fällt, weibliche Rollen zu schreiben? Sie mussten bei And so it Goes ja auch noch selbst Hand anlegen.

Ja, das tat ich. Ich fand einfach nicht gut, wie Leah ihren Lebensunterhalt verdiente – ich möchte keine Frau spielen, die Wandteppiche herstellt. Sängerin fand da ich schon besser – und so schmuggelte ich auch das Singen in den Film hinein. (lacht) Ich fand, dass Leah doch schon passiv genug sei und schlug vor, sie könne doch eine der Ladies sein, die als Nebenbeschäftigung gerne in einer Bar singt. Und sie liessen es mich versuchen! Aber zurück zur Frage: Ich denke nicht, dass es spezifisch für Drehbuchautoren schwierig ist gute Frauenrollen zu schreiben – vor allem, weil es in letzter Zeit doch tolle Frauenrollen im Kino zu sehen gab. Die Ladies in American Hustle zum Beispiel, oder Patricia Arquette in Boyhood! Ist es vielleicht nicht eher schwierig generell gute Rollen zu schreiben?

3. Oktober 2014

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