Interview

Pierce Brosnan: «Das Telefon klingelt nicht mehr»

Stefan Gubser
Interview: Stefan Gubser

Ein runder Tisch im Hotel Rome zu Berlin. Wir löchern einen früheren 007, dessen Stimme so samten ist wie sein dunkler Anzug: Pierce Brosnan über das Älterwerden, Selbstmord und «Breaking Bad».

Pierce Brosnan: «Das Telefon klingelt nicht mehr»

In A Long Way Down spielen Sie einen Talkshow-Host, der nach der Affäre mit einer Minderjährigen so ziemlich alles verliert – ausser den Wunsch, berühmt zu sein. Wie süchtig sind Sie nach dem Applaus der Öffentlichkeit?

Man muss das alles mit Humor nehmen. Erfolg kommt und geht, Erfolg ist launisch, verführerisch – und plötzlich ist er weg. Dann braucht man gute Freunde. (lacht)

Muss man sich Pierce Brosnan als humorvollen Menschen denken?

Meine Familie lacht über mich. Sogar wenn ich versuche, ernst zu sein. In meiner Arbeit als Schauspieler gab es immer so etwas wie eine leichte Note – auch als James Bond. Es ist allerdings nicht ganz leicht, lustig sein zu müssen.

Der ewige Ex-Bond: Ist das ein Etikett, auf das man irgendwann gerne verzichten würde?

Ich bin Schauspieler, seit ich 18 bin. James Bond ist auch nur eine Rolle wie jede andere, auch wenn sie mir viele Türen öffnete: Dank Bond kann ich meine eigenen Filme machen. Dank Bond spiele ich eine Rolle auf der ganz grossen Bühne.

Sie sind auch schon 60. Kein bisschen müde?

Ich hatte nie mehr Spass als jetzt. Wer dranbleiben will, braucht Stärke und Mut, Durchhaltewillen, Glück und was auch immer. Schauspieler werden ja nicht pensioniert. Das Telefon klingelt einfach nicht mehr. (lacht)

Kennen Sie das Gefühl des Scheiterns? Ich meine: ernsthaft.

Ich kann extrem selbstkritisch sein. Das ist besser geworden, seit ich ein weiser, alter Mann bin. (lacht) Aber als ich jung war, habe ich viel zu stark auf Andere gehört und das Lob gleich wieder vergessen. Nur meine Selbstzweifel blieben und quälten mich.

Schuldgefühle, Selbstkasteiung, Zweifel: Drückt hier der irische Katholik durch, zu dem Sie einst erzogen wurden?

Irgendwann ist man erwachsen und kann einfach loslassen. Man kann nicht immer gewinnen.

Grosse Frage an einen gewesenen Katholiken: Ist Selbstmord Sünde, Verbrechen oder ein Menschenrecht?

Hm. Ich habe mich intensiv mit dem auseinandergesetzt, was mir die katholische Kirche im Irland meiner Kindheit beibrachte. Selbstmord ist keine Sünde, da bin ich mir mittlerweile sicher. Es gibt nun mal Leute, die so stark leiden, dass der Freitod der einzige Ausweg ist – für sie. Ich habe Leute gekannt, die sich das Leben genommen haben. Das schafft so viel Leid. Ach, ich weiss nicht, ob ich diese Frage beantworten kann.

A Long Way Down ist auch ein Film über vier Menschen, die gemeinsam versuchen, die Kontrolle über ihre Geschichte zurückzugewinnen, welche die Medien über sie erzählen. Greifen Sie auch mal zum Telefonhörer, um etwas klarzustellen?

Nur, wenn es meine Familie betrifft. Ich hatte immer eine gute Beziehung zu den Medien. Nur über die Arbeit zu reden, war immer mein Bestreben. Und ehrlich zu sein. Aber man kann immer Dinge sagen, die auf einen zurückfallen.

Bisschen Breaking Bad geschaut, bevor Sie an der Seite von Aaron Paul auf ein Hochhaus kletterten, um sich dann doch nicht vom Dach zu stürzen?

Ich habe die Sopranos nicht gesehen. Ich habe so viele dieser grossen Serien nicht gesehen, weil ich nie fernsehe. Aber wenn man mit Aaron Paul dreht? Natürlich habe ich mir vor dem Dreh ein paar Folgen Breaking Bad angeschaut. Alle habe ich nicht geschafft.

Pierce Brosnan – das ist auch ein Synonym für Eleganz. Verraten Sie uns bitte, was Stil ist?

Mit sich im Reinen sein. Sich wohl fühlen. Wissen, wer man ist. Das geht auf Carey Grant zurück, Spencer Tracy, Humphrey Bogart. Auf die alten Männer, mit denen ich aufgewachsen bin. (lacht)

Mut?

Sich selbst ins Gesicht sagen, wenn man nicht gut genug war. Tiefschläge im Leben wegstecken können. Nicht auseinanderfallen. So etwas, glaube ich. Sich ein offenes Herz bewahren.

Was raten Sie Ihren Söhnen? Beide ja noch länger keine 20, aber auch schon Filmemacher, wie man hört.

Wäre ich Schuhmacher, würden sie Schuhe herstellen wollen. (lacht) Sie sollen hart arbeiten. Anständig sein!

Ein netter Mensch sein: Kann man das in Hollywood?

Hollywood ist eine Illusion, etwas Abstraktes. Und ich bin auch nur ein Schauspieler, der arbeiten will. Das mag jetzt vielleicht naiv tönen, ist es aber nicht.

20. März 2014

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