Manuscripts Don't Burn Iran 2013 – 127min.

Filmkritik

Freibrief und Steckbrief

Filmkritik: Eduard Ulrich

Wenn im Abspann eines Films keine Namen zu finden sind, weil es zu riskant wäre, wird der Inhalt brisant sein, und werden die von Kritik oder Häme Betroffenen keinen Spaß verstehen und genug Macht besitzen, um ihr Missfallen schmerzlich kund zu tun. Beides trifft auf die iranische Version vom "Leben der anderen" zu, und wenn nur die Hälfte der präsentierten Praktiken Usus ist, kann es einen grausen. Obwohl kaum Blut fließt, braucht man ein dickes Fell, um der gnaden- und respektlosen Geheimpolizei zuzusehen, während sie ihre Aufträge ausführt.

Die Zeiten der von der CIA ausgebildeten Geheimpolizei SAVAK des Schahs von Persien sind glücklicherweise vorbei. Das aktuelle Regime von Mullahs Gnaden im Iran hat allerdings ein effizientes Äquivalent namens VEVAK aufgebaut, dessen Operationen zwar bei weitem nicht so brutal, aber keineswegs weniger grausam wirken.

Regisseur und möglicherweise auch Drehbuchautor Mohammad Rasoulof hat es nun gewagt, einen fiktiven Blick hinter die Kulissen dieser Überwachungs- und Einschüchterungsorganisation zu werfen. Er zeigt sowohl das Privatleben der Regimekritiker, das er selbst bestens kennt, als auch das Geschäftsleben der Folterknechte, mit dem er zum Teil ebenfalls Bekanntschaft gemacht haben dürfte.

Inwieweit Rasoulof den Inhalt des Films bestimmt hat, ist jedoch nicht bekannt, denn übliche Informationen wie die Namen der Mitwirkenden und ihre Funktionen wurden nicht publiziert. Ursprünglich sollte nicht einmal der Name des Regisseurs publik werden. Wir sehen hier also ein echtes Stück Guerilla-Kultur, dessen riskante Produktions- und Vermarktungsbedingungen kein durchsichtiger Werbetrick sind. Umso erstaunlicher ist es, dass man diesen Umstand der Qualität kaum anmerkt.

Das mag auch daran liegen, dass die Situation am Set genau die klandestine Unauffälligkeit erforderte, mit der die Schergen des Regimes zu Werke gehen. Das verleiht dem Werk Authentizität. Die technischen Mittel sind also einfach, die Handlung aber schlüssig und die Wirkung wuchtig. Vielleicht ist es etwas gar dick aufgetragen, einen querschnittsgelähmten Schriftsteller in den Mittelpunkt der Observation zu setzen rsp. zu rollen. Dafür wurden die beiden Agenten, an deren Händen die Drecksarbeit kleben bleibt, bewusst trocken inszeniert, wodurch ihre Rollen eine lapidare Widerlichkeit entfalten, die Abscheu und Beklemmung erzeugt. In Cannes gab's dafür den Preis der Internationalen Filmkritik - zu recht!

18.02.2024

4

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Kommentare

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willhart

vor 9 Jahren

Ein Augenöffner für alle, die meinen 'so schlimm Kann es nicht sein'
Doch es kann - und es zeigt, wie verlockend es ist zum Täter zu werden.
Kein Schauspieler wollte aufgeführt werden
Und ja - es wühlt auf


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