Das Geheimnis der Bäume Frankreich 2013 – 78min.

Filmkritik

Lebewesen Wald

Michael Lang
Filmkritik: Michael Lang

Lebt ein Wald? Ja, aber wie lässt sich ein so komplexer, langwieriger Lebensprozess sichtbar machen? Oscar-Preisträger Luc Jacquet (Die Reise der Pinguine) und der Biologe Francis Hallé geben in ihrem faszinierenden Dokumentarfilm die entscheidenden Antworten. Gedreht worden ist das exzellente Werk in der fantastischen Aura der Regenwälder von Peru und Gabun.

In Il était une forêt wird dank modernster filmischer Produktionsmittel, modellhaften Animationen und einer packenden dramaturgischen Anmutung der Verlauf der Waldwerdung anschaulich gemacht. Dabei stellt man staunend fest, dass sich Urwälder auf ihren Entstehungs- und Regenerationswegen fast schon politisch verhalten: Sie schmieden mit vielen anderen Lebewesen gewissermassen Allianzen, entwickeln raffinierte Methoden, um gefährliche Gegner zu täuschen, abzulenken, auszutricksen. So werden etwa Ameisenvölker zu Verbündeten und Schädlinge lassen sich in die Irre führen.

Wie ein roter Faden zieht sich die Einsicht durch die Handlung, dass "Bäume über die Zeit und Tiere über den Raum herrschen". Diese Erkenntnis liesse sich auch, allerdings weit staubtrockener, im Naturkundeunterricht vermitteln. Das Medium Film aber erlaubt eine plastische, unmittelbare, verspielte Wissensvermittlung. Mit dem Filmkünstler Luc Jacquet und dem profunden Wissenschaftler Francis Hallé haben sich zwei profunde Experten gefunden, die einem heterogenen Zuschauerkreis das komplexe Wesen des Dschungelwalds, die Gesetzmässigkeiten der Biodiversität nahe zu bringen vermögen.

Den Wissenschaftler Hallé sieht man zuweilen hoch oben in einer Baumkrone sitzen, von wo aus er das bewaldete Gebiet überschaut, es einordnet, seinen Zustand beurteilt. Was in langwierigen und aufwändigen Dreharbeiten in den Regenwald-Landschaften von Gabun und Peru entstanden ist, hat etwas Märchenhaftes, Magisches und Zärtliches an sich. Das ergibt eine sympathische Anmutung, die auch dem intelligenten Kommentar geschuldet ist, den der Schweizer Schauspieler Bruno Ganz zu sphärischer Musik wunderbar spricht.

Was diesen ruhigen, unaufgeregten, packenden Film so extravagant macht, ist die Tatsache, dass er das Publikum quasi mitten ins Herz schier unglaublicher Naturphänomene blicken lässt. Und es dann plausibel nachvollziehen kann, dass es letzte Chancen gibt, ihr Verschwinden hinauszuzögern, vielleicht zu verhindern. Denn es wird deutlich gemacht, dass der Wald sich selbst regenerieren kann, wenn man ihm dazu genug Raum und Zeit lässt. Il était une forêt ist famos gemachtes Kino. Nie belehrend, aber lehrreich und enorm bereichernd.

15.01.2014

5

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Kommentare

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Yvo Wueest

vor 9 Jahren

Ein ungewöhnlicher, poetischer und kluger Dokumentarfilm, der den Lebenskreislauf der Bäume und die kleinen und grossen Wunder des Waldes aufzeigt.

Der Regisseur Luc Jacquet entwirft ein emotional aufgeladenes Szenario einer gefährdeten Pflanzenwelt, die sich –das ist die gute Nachricht- aus eigener Kraft erneuern könnte, wenn wir ihr mehr Zeit und Raum schenken würden.

Einen Stern Abzug mache ich für die hohe Zahl von Animationen. Obwohl ich anerkenne, dass genau diese das Wachstum der Pflanzen sehr gut aufzeigen. Und meine Kinder diesen Teil des Filmes vermutlich ganz anders sehen.

Ausgezeichnet finde ich die Stimme von Bruno Ganz. Spektakulär schliesslich die Bilder, wenn der Botaniker Francis Hallé vor Ort, in aller Ruhe, fast kontemplativ, auf der Krone eines 70 Meter hohen Baumriesen sitzt die Lebendigkeit des Regenwaldes zeichnet.

Was ich mir mitnehme? Es braucht mehr Menschen, die sich für das Ökosystem Wald stark machen. Und welch enge Beziehung der Regenwald mit den darin lebenden Tieren eingeht. Eine Beziehung, die von gegenseitigen Geben und Nehmen geprägt ist –ganz so wie es unter Menschen auch sein könnte- und so erst die überraschendste Kooperationen ermöglicht.Mehr anzeigen


Eleyna

vor 10 Jahren

Das must-must-see dieses Jahres. Eine Doku über das Wachsen eines Waldes, wunderbar leicht erzählt, heiter und sanft. Wunderbar.


seeyouto

vor 10 Jahren

Hat mir gut gefallen. Lehrreiche und spannende "Anschauung". Vielleicht ein bisschen zu philosophisch. Nur Menschen können sich fragen, wie wohl die Bäume diesen Wandel "sehen". Naja, von mir aus, haben sie kein Ego und kein Hirn, sondern sind im ewigen SEIN, verbunden mit der "Quelle", in der urteilsfreien und annehmenden ewigen "Liebe", wozu wir Menschen auch fähig wären (und wieder hinkommen werden). Das ist mein Ansatz dazu; -)Mehr anzeigen


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