Gabrielle Kanada 2013 – 104min.

Filmkritik

Liebe mit Hindernissen

Rolf Breiner
Filmkritik: Rolf Breiner

Gabrielle ist vom so genannten Williams-Beuren-Syndrom betroffen, aber gleichwohl lebensfroh und liebesbedürftig. Sie verliebt sich in den ebenfalls behinderten Martin. Filmerin Louise Archembault hat das Thema frisch von der Leber weg in eine Liebesgeschichte verpackt – sehr nah an den Menschen und der Wirklichkeit.

Ein Mensch – nicht (ganz) wie Du und Ich, aber mit denselben Bedürfnissen, Sehnsüchten und Wünschen: Gabrielle ist lebensfroh, hat musikalisches Talent und "leidet" unter dem Williams-Beuren-Syndrom (WBS). Will heissen: Die junge Frau hat einen seltenen genetischen Defekt. Menschen mit WBS haben äussere Merkmale wie aufgeworfene Lippen, kugelige Nasenspitzen, krause Haare und Kleinwuchs. Nicht selten ist die Motorik eingeschränkt. Andererseits liegen Stärken dieser Menschen im sprachlichen und musischen Bereich.

Die 22-jährige Gabrielle Marion-Rivaed spielt quasi sich selbst. Die junge Frau singt gern - auch als Mitglied eines Chors. Sie lebt in einem betreuten Haus und hilft auswärts in einem Büro aus. Am nächsten steht ihr ihre Schwester Sophie (Mélissa Désormeux-Poulin). Doch dann kommt eines Tages der ebenfalls leicht behinderte Martin (Alexendre Landry) ins Spiel - und mit ihm die Liebe. Heimleitung und Martins Mutter sorgen sich, sperren sich gegen diese Liebschaft - Sophie und Betreuer Laurent (Benoit Gouin) unterstützen diese Zweisamkeit samt dazugehöriger Sexualität. Als der Chor die Möglichkeit hat, bei einem Festival zusammen mit dem bekannten Chansonsänger Robert Charlebois aufzutreten, fehlt Gabrielle. Ihr scheint die Liebe wichtiger.

Louise Archembault stiess in Kanada auf das Centre d'Art Les Muses und dessen Chor. Menschen mit Behinderung können sich in diesem Institut, 1997 von der Tänzerin Cindy Schwartz gegründet, musisch und künstlerisch ausbilden lassen. Der dokumentarisch anmutende Film wirkt ungemein authentisch, explizit durch das Zusammenspiel der Darsteller, die bis auf einige Ausnahmen, Alexandre Landry etwa, tatsächlich behindert sind. Gabrielle erzählt eine ungewöhnliche Liebesgeschichte, die aber auch von Tabus und Autonomie, Freiheit und Verwirklichung handelt. Die Krone, das ist sonnenklar, gebührt der Heldin Gabrielle Marion-Rivaed, die mit unbändiger Hingabe und Beherztheit bei der Sache ist.

16.06.2014

4

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Kommentare

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Christine.Roost

vor 9 Jahren

Ein wunderschöner, berührender Film! Sehr tiefgründig und sensibel. Die Leistung der behinderten Schauspieler ist grosse Klasse!


Fantimette

vor 10 Jahren

Très touchant.


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