Interview

Bérénice Marlohe: «Ich wäre lieber der Bösewicht»

Stefan Gubser
Interview: Stefan Gubser

In «Skyfall» spricht sie nur ein paar Sätze, mit Cineman plauderte sie eine volle Viertelstunde: Das Bond-Girl über Sex, Chauvinismus und Christopher Walken.

Bérénice Marlohe: «Ich wäre lieber der Bösewicht»

Waren Sie schon mal in der Schweiz?

Aber sicher. Das ist mein fünfter Besuch hier.

Die mondäne Pariserin sieht Zürich wohl als langweiliges, kleines Nest?

Ich mag das viele Grün hier und die reine Luft. Ich liebe den Schweizer Sauerstoff!

Noch kein grosser Film – und schon sind Sie für immer ein Bond-Girl. Wie kam das denn?

Da steckt viel Arbeit dahinter. Ich hatte zwar einen Agenten. Der besorgte mir aber höchstens zwei Vorsprechen im Jahr, vor allem für französische TV-Produktionen. Da habe ich eben angefangen, mich auf eigene Faust nach Jobs umzusehen.

Dem Bond-Universum fühlte ich mich schon immer verbunden. Als ich von Skyfall hörte, begann ich auf der Stelle, die Namen der Verantwortlichen zu googeln. Nach zwei Tagen war ich mit der Casting-Crew im Kontakt. Das war der Startschuss.

Den Part haben Sie gekriegt, aber es ist eben auch nur diese «Schwundrolle» geworden. Vier Szenen haben Sie – und kaum Text. Haben Sie sich mehr erhofft?

Ich habe es kommen sehen, das stand schon so im Drehbuch. (lacht)

Im Netz kursiert ein Bild, das Sie auf dem Flughafen in Shanghai zeigt. Die Szene fehlt im Film.

Die ist auch völlig unbedeutend. Wir fahren nur eine Rolltreppe runter.

Mein Verdacht war, man habe Sie im Schneideraum einen Kopf kürzer gemacht.

Die haben sehr viel rausgeschnitten, fast die Hälfte.

Nervt das, wenn man kaum Zeit zu zeigen hat, was man drauf hat?

Ich habe erst mal komplett ausgeblendet, dass ich ein Bond-Girl spiele. Ich wollte eine Person aus Fleisch und Blut darstellen und erst in zweiter Linie mit den Klischees spielen, die die Rolle mit sich bringt.

Ich habe Sie im Mai Englisch sprechen hören und mir Sorgen gemacht, ob man Sie im Film etwas sagen lassen wird.

Im Mai war ich tatsächlich verloren, befand mich sprachlich im Niemandsland zwischen Frankreich, England und den USA. Für das Vorsprechen hatte ich mir einen amerikanischen Akzent zugelegt. Den musste ich mir wieder abgewöhnen, weil Regisseur Sam Mendes ein undefinierbares Englisch vorschwebte, das zu meinem exotischen Äusseren passt. Irgendwann wusste ich nicht mehr, wie ich reden sollte.

Skyfall hat die Kritik begeistert wie selten ein Bond. Aber die Feministinnen wird er wieder weniger glücklich machen. In Sachen Bond-Girls waren wir zuletzt einen kleinen Schritt weiter.

Das stimmt. Aber man könnte dagegenhalten: Die wichtigste Beziehung ist die zwischen James Bond und Raoul Silva. Oder die zwischen 007 und M. Aber mir wurde öfters gesagt, ich hätte zu wenig Szenen mit Daniel Craig, man hätte mehr von mir sehen wollen.

Nehmen Französinnen Chauvinismus generell gelassener?

Sie haben schon recht: Ich werde erschossen, Naomi Harris endet hinter dem Schreibtisch. Ich habe weniger Szenen und weniger Sex als andere Bond-Girls. Aber in Skyfall müssen eben in kurzer Zeit sehr viele Beziehungen durchdekliniert werden.

Im Lande der Mutter aller Bond-Girls muss ich die Frage stellen: Haben Sie eine Favoritin?

Keine Frage: Ursula Andress ist natürlich das glamouröseste Bond-Girl aller Zeiten, und die Szene, in der sie im Bikini aus dem Meer steigt, hat sie unsterblich werden lassen. Aber ich stehe auch sehr auf Natalya Simonova aus GoldenEye.

Stimmt es, dass Christopher Walken Ihr Lieblingsschauspieler ist?

Absolut. Und er ist mein liebster Bond-Bösewicht.

Warum?

Walken hat diese Qualität des Seltsamen. Der kann sich einfach hinstellen und braucht nicht mal etwas zu sagen. Er hat das, was ich in einem Schauspieler sehen will: Er ist männlich und dennoch feminin. Er ist gleichzeitig Mensch, Tier und Alien.

Und ein grossartiger Tänzer. Kennen Sie Fatboy Slims «Weapon of Choice»?

Wo Walken durch ein Hotel fliegt? Den Clip liebe ich.

In Skyfall sagen Sie zu Bond den Merksatz: «Sei vorsichtig mit deinen Wünschen.» Gilt das auch im Hinblick auf den Fortgang Ihrer Karriere?

Ich vertraue da auf mein Bauchgefühl. Bond-Girl zu werden war nie mein ganz grosser Traum. Ich wollte zwar in einem Bond-Film mitspielen – aber immer als Bösewicht. Ich träume von Rollen, wie sie ein Gary Oldman in Léon hatte. Oder der von Heath Ledger in Batman. Und in einem der drei Filme, die jetzt vor mir liegen, werde ich dem sehr nahe kommen.

29. Oktober 2012

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