CH.FILM

More Than Honey Österreich, Deutschland, Schweiz 2012 – 90min.

Filmkritik

Das Leben ist kein Honigschlecken

Rolf Breiner
Filmkritik: Rolf Breiner

Wir fürchten ihren Stich, doch die Biene ist längst selbst bedroht. Regisseur Markus Imhoof untersucht in seinem Dokumentarfilm das grosse Bienensterben und fördert Erwartetes und Erstaunliches zutage. Sein faszinierender Film ist ein Umweltbeitrag der denkwürdigen Art, bestückt mit sensationellen Aufnahmen.

Der Ausdruck "fleissig wie die Bienen" kommt nicht von ungefähr: Zu Abertausenden schwirren Honigbienen von Blüte zu Blüte, bestäuben und sammeln Nektar. Bis zu 3'000 Blüten besucht eine Biene am Tag. Die Königin ist das Mass aller Dinge, sie sorgt als einziges geschlechtsreifes weibliches Tier im Bienenvolk für Nachkommenschaft. Die emsige Tätigkeit ihrer Arbeitsbienen führt nicht nur zur Honigproduktion (für ein Kilo Honig hat ein Bienenvolk etwa 20 Millionen Blüten aufgesucht), sondern sorgt auch für die befruchtende Bestäubung von Pflanzen, Bäumen, Blüten. Bienen sind wichtig für unsere Nahrungsmittel - ohne sie gibt es keine Früchte. Nun steht nicht die Produktionstätigkeit der Honigvölker im Mittelpunkt des Films von Markus Imhoof (Das Boot ist voll, Der Berg), sondern die Frage: Warum sterben zahlreiche Bienenvölker und was bedeutet das für uns?

Imhoof, dessen Grossvater ein Bienenhaus besass und dessen Tochter mit ihrem Mann in Australien ein Forschungsprojekt mit Bienen leitet, hat einen engen Bezug zu den emsigen Insekten. Er fragt, was hinter dem grossen Bienensterben steckt, den Infizierungen und tödlichen Attacken der Milben. Seine Reise zu den Bienen und Menschen, genauer Imkern, beginnt in der Innerschweiz bei Fred Jaggi, der nach alter Väter Sitte Bienenvölker begleitet (und natürlich auch ausbeutet) - ohne Schutzhaube. Man kennt und respektiert sich. Aber auch er muss Völker abtun, Waben vernichten.

Auf ganz andere Dimensionen trifft man in Kalifornien. John Miller lässt seine 15'000 Bienenvölker auf Tausende von Hektaren los, bepflanzt mit Mandelbäumen. Er ist sich seiner industriellen Bienen-Vermarktung bewusst. Das geht - wie auch in Europa oder China - nicht ohne "Doping", das heisst medizinische Begleitung und Eingriffe. Die Reise führt über Österreich, wo Heidrun und Liane Singer ihre sanftmütigen Bienenrasse in die ganze Welt exportieren, weiter nach Arizona zu Fred Terry, der mit seinen Killerbienen, einer resistenten Rasse, einen Ausweg sieht. In Australien, wo das Bienensterben offenbar noch nicht angekommen ist, erforschen Boris Baer und Barbara Imhoof das Immunsystem der Bienen. "Krönung" dieser weltweiten Recherche bildet China: Hier sind in einigen Regionen die Bienen ausgestorben, und die Menschen haben die Kleinarbeit des Bestäubens übernehmen müssen. Das Fazit: Nicht nur Inzucht oder aggressive Parasiten sind am Bienensterben schuld, es sind vor allem Menschen - ihre Eingriffe, Reparationsversuche, ihre Vermessenheit und Überheblichkeit.

Keine Bange, Imhoofs spannender Dokumentarfilm ist kein Umweltpamphlet, keine schulmeisterliche Unterweisung, sondern ein tiefsinniges, denkwürdiges Abbild unsere Umwelt. Diese faszinierende Reise zu Bienen, Waben und Imkern ist mit sensationellen Aufnahmen bestückt (Kamera: Attila Boa und Jörg Jeshel). Die hier gezeigten Makroaufnahmen, etwa von der Begattung einer Königin im Flug, sind mindestens so packend wie Szenen in einem Star Wars-Movie. Für diese Aufnahmen waren im Freigelände einer alten Fabrikanlage 15 Bienenvölker während 105 Stunden in Aktion. Einfach sehen und staunen!

15.08.2012

4

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Kommentare

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thejuege

vor 6 Jahren

Traurig aber war.


1234jopy

vor 9 Jahren

Super Film, man lernt eine Menge über die Natur.


baffolter

vor 9 Jahren

wunderbarer Film!


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