CH.FILM

Harry Dean Stanton: Partly Fiction Schweiz 2012 – 77min.

Filmkritik

Der Gefühlsmagier der knappen Geste

Michael Lang
Filmkritik: Michael Lang

Harry Dean Stanton ist einer der meistbeschäftigten Interpreten im US-Kino. Seit den 1950er Jahre spielt er vorab kleine Rollen mit Bravour, doch als Mensch ist er sogar seinen Verehrern kaum bekannt. Die Schweizerin Sophie Huber hat dem Mimen ein exzellentes Porträt gewidmet. Ausgehend von einem seiner Talente, das auch seine Fans überrascht: Seiner Parallelkarriere als begnadeter Gitarrist und Sänger auf dem Feld von Folk-, Blues-, Rock-, Tex-Mex- und Mariachi-Musik.

Der 1926 geborene Harry Dean Stanton arbeitete mit Regiegrössen wie Alfred Hitchcock, Sam Peckinpah, David Lynch, Ridley Scott oder Sean Penn und mit Starkollegen wie Marlon Brando, Al Pacino oder Robert De Niro zusammen. Meist in kleinen, wichtigen Nebenrollen, die im Film ja den Unterschied zur Durchschnittsware ausmachen. Vom öffentlichen Rampenlicht hielt sich Stanton meist fern und so ist es erstaunlich, dass die aus Bern stammende Bühnenschauspielerin, auch im Filmproduktionsbereich tätige, Sophie Huber dem Menschen Stanton so nahe kommt. Mit ihm ist sie seit langem befreundet und konnte dank zusätzlicher Kontakte zu seinem Umfeld eine Vertrauensbasis für ein Filmporträtprojekt aufbauen.

Huber nähert sich dem Objekt ihrer Begierde nicht über das klassische Interview, sondern poetisch-verschlüsselt über die Musik, Stantons intimste artistische Passion. Dabei wird viel Wert auf die Bildeleganz gelegt. Und deshalb verantwortet mit Seamus McGarvey ein Spezialist die exzellente Kameraarbeit, oft in Schwarzweiss. Der Ire hat Clips für U2, The Rolling Stones, Robbie Williams oder Paul McCartney inszeniert und stand für Spielfilme wie The Soloist oder Anna Karenina hinter der Kamera. Dazu kommen selbstverständlich Filmausschnitte aus Stantons Karriere, etwa aus Alien, Pat Garrett and Billy the Kid, The Straight Story. Oder Paris, Texas von Wim Wenders, wo Stanton für einmal eine grössere Rolle unvergleichlich berührend ausfüllte.

Komplettiert wird dieses Dokfilm-Bijou mit Statements aus dem Alltagsumfeld des Künstlers sowie von prominenten Weggefährten wie Wim Wenders, dem Dramatiker Sam Shepard, der Rockbardin Debbie Harris, dem Songwriter Kris Kristofferson. Und von David Lynch, der Stanton mehrfach besetzte. Notabene: Autorin Huber lässt einige ihrer Fragen an Stanton von Lynch stellen, was zu einem gewitzten Dialog führt, der auf charmanteste Weise mehr über die Befindlichkeit des Protagonisten verrät, als manche bemühte Analyse es vermocht hätte. Harry Dean Stanton: Partly Fiction ist eine famose Ode an einen sperrigen, sympathischen Gefühlsmagier der knappen Geste.

16.04.2013

5

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Kommentare

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Emma Be

vor 10 Jahren

Klasse gemacht, interessant, hat aber Längen. Es braucht Geduld.


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