Das Schwein von Gaza Belgien, Frankreich, Deutschland 2011 – 98min.

Filmkritik

Grunzen im Nahostkonflikt

Walter Gasperi
Filmkritik: Walter Gasperi

Einem palästinensischen Fischer geht ein Schwein ins Netz. Doch was soll er mit dem unreinen Tier machen? Beim Versuch es loszuwerden wird er in Sylvain Estibals Komödie hautnah mit dem israelisch-palästinensischen Konflikt konfrontiert.

Im Leben des im Gaza-Streifen lebenden palästinensischen Fischers Jafaar (Sasson Gabay) läuft nichts nach Wunsch: Sein Haus ist von den kriegerischen Auseinandersetzungen schwer gezeichnet und zu allem Überfluss haben sich auch noch zwei israelische Soldaten auf dem Dach einquartiert. Doch nicht genug damit. Auch als Fischer ist er wenig erfolgreich: Selten bringt er Fische nach Hause, oft dafür Flipflops und Müll. Doch eines Tages verfängt sich in seinem Fischernetz ein Schwein, das offensichtlich nachts von einem Frachter fiel.

Jafaar reagiert panisch. Was soll er als Muslim mit dem unreinen Tier machen: Versuche, es über Bord zu werfen scheitern ebenso, wie der Plan es an einen deutschen UN-Beamten (Ulrich Tukur) zu verkaufen. Es zu erschiessen, bringt der gutmütige Fischer aber auch nicht übers Herz. Überraschend wird das Schwein dann aber zu einer lukrativen Einnahmequelle, als Jafaar entdeckt, dass er das Sperma des Ebers in einer jüdischen Siedlung, in der Schweine gezüchtet werden, verkaufen kann. Gefährlich wird die Situation für ihn aber, als Islamisten von seinem "unsauberen Treiben" erfahren.

Das Spielfilmdebüt des französischen Journalisten und Schriftstellers Sylvain Estibal beginnt als märchenhafte Komödie, schlägt bald einen Haken in Richtung Drama und endet poetisch mit einer Utopie. Von der Anlage her ist das durchaus interessant, doch leider verliert der 2012 mit dem César für das beste Debüt ausgezeichnete Film durch einen überzeichnet naiven Protagonisten und das Overacting Ulrich Tukurs in der Rolle des UN-Beamten an Überzeugungskraft.

So ernst der Hintergrund ist, so wenig bekommt man davon in der biederen Inszenierung zu spüren. Zu offensichtlich trägt Estibal das Plädoyer für Versöhnung der Volksgruppen vor sich her, zu wenig Biss entwickelt diese Komödie, um als Satire zu begeistern. Zahnlos wirkt die Kritik an einer radikalen Gruppierung und Selbstmordanschlägen ebenso wie an der israelischen Besetzung oder an überzogenen religiösen Vorschriften.

Gut möglich ist allerdings auch, dass das multilinguale Original einen stärkeren Eindruck hinterlässt als die deutsche Synchronfassung, in der durch das gnadenlose Eindeutschen der Vielsprachigkeit Lokalkolorit und Atmosphäre praktisch vernichtet werden.

18.03.2013

3

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Kommentare

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maieriesli

vor 11 Jahren

Der ganz normale Alltagswahnsinn in Gaza! Mal lustig, malt traurig und immer spannend und das ohne Action. Extrem gut.


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