The Parade Kroatien, Deutschland, Ungarn, Serbien, Slowenien 2011 – 115min.

Filmkritik

Prügelprofis schützen Prügelknaben

Rolf Breiner
Filmkritik: Rolf Breiner

Die Schwulen in Belgrad können einem Leid tun: Sie versuchen eine Gay-Pride-Parade auf die Beine zu stellen und werden dafür nur Häme und Prügel einstecken. Da können nur echte Prügelprofis der alten Bürgerkriegsschule helfen. Eine schwarze Komödie vom Widersinn und Aberwitz ethnologischer Konflikte und über eine aberwitzige Partnerschaft der Ex-Jugoslawen - tragisch-komisch und herzhaft menschlich.

Das konnte nicht gut gehen: In einem der schwulenfeindlichsten Länder Europas, in Serbien, wollte eine Homosexuellen- und Lesben-Gruppe 2001 ihr Dasein und ihre Rechte mit einer Gay-Pride-Parade demonstrieren. Die Polizei guckte weg, und die rechten Brüder und so genannten Mannsbilder schlugen zu. Das endete 2001 in einer wüsten Prügelschlacht und einem Blutbad. Gleichwohl will man einen neuen Anlauf nehmen.

Treibende Kräfte sind Mirko (Goran Jevtiće), ein erfolgloser Theaterregisseur und notgedrungen Hochzeitsplaner sowie sein Busenfreund Radmilo (Milos Samolov), ein dicklicher und gemütlicher Tierarzt. Man braucht Verstärkung, sprich eine Schutztruppe bei der geplanten Parade. Und wie es der Zufall so will, sucht der zwielichtige Macho Limun (Nikola Kojo) bei Ramilo Hilfe für seine angeschossene Bulldogge Sugar. Der tätowierte Typ, Leiter eines privaten Sicherheitsdienstes, ist liiert mit dem Püppchen Pearl (Hristina Popovi), vulgär, gestylt, aber herrisch, und diese Liebhaberin hat sich ausgerechnet Mirko als Hochzeitsstylisten ausgesucht.

Als Limun erfährt, dass Arzt und Hochzeitsmanager beide schwul sind, ist der Ofen aus. Aber die Waffen der Frauen sind stark, und Radmilo beweist Verhandlungsgeschick. Man kriegt den vierschrötigen Limun herum, die Schwulenparade mit seiner Judoka-Truppe zu schützen. Doch die wollen nicht, und so begibt er sich mit Radmilo durch die Lande, um alte Kriegsveteranen aufzubieten, die im Bürgerkrieg dazumal noch aufeinander losgegangen sind.

Und so kommt es zu einer der widersinnigsten und denkwürdigsten Partnerschaften der Balkangeschichte. Die vereinigten Serben, Kroaten, Kosovaren und Bosnier halten ihren Kopf für Schwule hin: Prügelprofis protegieren Prügelknaben. Der Irrwitz hat Methode und ist irre menschlich. Regisseur Srdjan Dragojević, ausgebildeter Psychotherapeut, wagte sich an ein Tabuthema und hatte Riesenerfolg mit seiner durchgeknallten Tragikomödie - an der Berlinale 2012 und im gesamten Balkanraum. Ein irrer Ethno-Film in einer irrwitzigen Welt. Der Film wird vom realen Irrwitz der Menschen und ihrer Ethnokonflikte getragen. Auf seine skurrile, absurde, aber menschliche Weise trägt er durchaus zu einer möglichen Versöhnung bei. Dabei erfährt man nebenbei, dass Ben Hur schwul gewesen sei und dass tatsächlich Bosnier heute auf Serben in Belgrad einprügeln können, meint ein Veteran schmunzelnd - während der Schwulenparade versteht sich, und noch dazu zu einem guten Zweck.

25.09.2012

4

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Kommentare

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viki2222

vor 11 Jahren

Ein Film mit Humor, Drama, bisschen Action, vorallem sehenswert in der Original Sprache


Gelöschter Nutzer

vor 11 Jahren

Zu einem grossen Teil unterhaltend, lustig, ermutigend und dann aber leider doch noch schockierend, bedrückend, sehr traurig. Ein wirklich toller, sehenswerter Film!


amosch

vor 11 Jahren

top film, der mal wieder zeigt, wie die realität im andern ländern nicht mal weit von uns, noch immer ausschaut


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