Buck - Der wahre Pferdeflüsterer USA 2011 – 88min.

Filmkritik

Pferdeversteher mit tragischer Kindheit

Andrea Lüthi
Filmkritik: Andrea Lüthi

Cindy Meehls Filmdebüt ist das eindrückliche Porträt eines amerikanischen Pferdeflüsterers. Der Film gewann den Publikumspreis am Sundance Festival und wurde als bester Dokumentarfilm am Zürich Film Festival und am Bergen International Film Festival ausgezeichnet.

"Natural Horsemanship" - die stressfreie Zusammenarbeit von Mensch und Pferd, die sich am natürlichen Verhalten des Pferdes orientiert - wurde durch Robert Redfords Romanverfilmung The Horse Whisperer weit herum populär. In Europa kennt man vor allem Monty Roberts. Wer aber ist Buck Brannaman? Tatsächlich ist er es, der Nicholas Evans zum Roman inspirierte und Robert Redford beriet; das hat er nie an die grosse Glocke gehängt. Seit 30 Jahren reist der Pferdekenner durch die USA und gibt Seminare. So hat ihn auch die Modedesignerin und Pferdebesitzerin Cindy Meehl kennen gelernt und beschlossen, ihren ersten Film zu drehen.

Der Faszination, die von Brannamans Arbeit mit Pferden ausgeht, kann man sich kaum entziehen. Verängstigte Pferde beruhigen sich in kurzer Zeit und folgen Brannaman, als wären sie mit einem unsichtbaren Faden verbunden. Das alles geschieht ohne Einschüchterung, durch feinste Gesten. Hochkonzentriert nimmt Brannaman jede Veränderung im Pferdeverhalten wahr. Wenn er aus Sicht des Pferdes den Reiter als nach Hamburger riechendes Wesen bezeichnet, das sich dem Pferd annähert wie der Löwe seiner Beute, zeigt sich schon mal sein trockener Humor.

Die Ängste eines Jungpferds vergleicht der Pferdetrainer mit seinen eigenen als Kind. Sein gewalttätiger Vater hatte die Söhne mit der Peitsche zu Lassokünstlern gedrillt. Fotografien, Zeitungs- und Filmausschnitte erzählen von der tragischen Kindheit. Auch die Pflegemutter und der sichtlich bewegte Schulfreund kommen zu Wort. Brannaman selber erinnert sich sachlich, nie rührselig, aber erschütternd für die Zuschauer. Wenn man Brannaman bei der Arbeit zusieht, kommt man nicht umhin, sie mit seinen Erfahrungen zu verknüpfen, und das ist vielleicht das Besondere an dem Film. Meehl überlässt diese Gedanken dem Zuschauer, verzichtet auf Kommentare und überinterpretiert somit nicht. Sie stellt Brannaman auch nicht als einen dar, der sich aus Enttäuschung über die Menschen den Pferden zugewandt hat, sondern zeigt auch seine Empathie für verzweifelte Pferdebesitzer.

Sowohl Kursteilnehmer als auch bekehrte Schaureiter oder Robert Redford äussern sich anerkennend über Brannamans Methoden. Da mag man durchaus an einen Werbefilm für seine Seminare denken. Brannamans auffallende Bescheidenheit wirkt dem entgegen, und obwohl die Bewunderung der Regisseurin durchdringt, stilisiert sie den Pferdeflüsterer nicht zum allwissenden Guru hoch. Sie zeigt auch, wie der Pferdeexperte an Grenzen stösst: Ein Hengst, im Haus aufgezogen, ist ausgewachsen gemeingefährlich geworden. Der Zufall will es, dass der Kameramann filmt, als der Hengst Brannamans Assistenten angreift, die Zähne in seine Stirn schlägt und ihn umrennt - ein schockierender Moment.

Meehl ist es gelungen, aus 300 Stunden Filmmaterial ein feinfühliges, stimmig und sorgfältig aufgebautes Porträt zu machen, das auch durch schöne Aufnahmen besticht. Es dürfte jeden begeistern, der sich für die Kommunikation mit Tieren interessiert.

17.09.2012

4

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