Nader und Simin - eine Trennung Iran 2011 – 123min.

Filmkritik

Iranischer Ehe-, Religions- und Sozialkrimi

Filmkritik: Eduard Ulrich

Der Iran ist ein Dauergast in den Medien, sein Ruf im Westen ruiniert, das Bild verzerrt. Als Asghar Farhadi mit seinem unblutigen, aber vielschichtigen Ehedrama den Goldenen Bären der letzten Berlinale erlegte, lag der Gedanke an ein politisches Votum der Jury auf der Hand. Diese Sorge war aber unbegründet, wie man nun erfreulicherweise selbst sehen kann.

So packend sind lebensnahe Filme selten, so gut gespielt und so sorgfältig inszeniert wenige. Simin, eine etwa 35jährige Lehrerin, will den Iran verlassen, hat dazu vor langer Zeit mit ihrem gleichaltrigen Mann Nader ein Auswanderungsgesuch eingereicht, das kürzlich gutheissen wurde und nur eine gewisse Zeit gültig ist. Bloss nützt ihr das nichts, da Nader nicht mehr auswandern will, seit und solange er seinen inzwischen schwer an Alzheimer erkrankten Vater pflegen muss. Simin möchte mit der gemeinsamen, etwa 15jährigen Tochter Termeh trotzdem ausreisen, wozu sie sich aber scheiden lassen und das Sorgerecht erhalten muss. Damit ist Nader allerdings nicht einverstanden und hat Termeh teilweise auf seiner Seite. Zum privaten und juristischen Seilziehen gesellen sich weitere Komplikationen sowohl privater als auch organisatorischer und juristischer Natur, die alle Beteiligten immer wieder zwingen, ihre Strategie anzupassen. Dabei verfolgen alle beharrlich und klug ihre jeweils eigenen Interessen, suchen und finden aber immer wieder Kompromisse, weil die anderen zum Erreichen ihrer Ziele benötigt werden. Die juristischen Gefechte werden ohne Visier ausgetragen, weil keine Rechtsanwälte im Spiel sind, wodurch die Persönlichkeiten der Figuren unvermittelt offengelegt werden.

Farhadis filmische Mittel sind schlicht, werden aber kunstfertig und angemessen eingesetzt. Wenn die Kamera beispielsweise Position im inneren eines Fotokopierers bezieht, und während des Kopierens das Bild mal schwarz, mal vom Sujet hell erfüllt ist, entfaltet das zusammen mit dem Bildinhalt und der Repetition eine überzeugende Wirkung, ohne dass aufwendige Technik benötigt würde. Die Kamera belebt die Bilder, die themengerecht meist in Innenräumen aufgenommen wurden, indem sie auch sonst immer wieder ungewöhnliche Positionen einnimmt, dabei aber einen wichtigen Aspekt der jeweilige Situation betont. Neben den beiden Hauptfiguren liefern auch die Darstellerin der Tochter und sämtliche Nebendarsteller eine tadellose Leistung, so dass keine Wünsche offen bleiben.

02.11.2011

5

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Kommentare

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dulik

vor 5 Jahren

Ein sehr berührender Film aus dem Iran. "Nader und Simin: Eine Trennung" zeigt auf sehr direkte Art und Weise, welch enormen Auswirkungen eine schlimme Krankheit (in diesem Fall Alzheimer) für die Angehörigen haben kann und was es bedeutet, aufopferungsvoll sein ganzen Leben umzukrempeln, um der betroffenen Person zu helfen. In der zweiten Häfte gibt es eine Art Genrewendung. Das Drama entwickelt sich dann in eine Art Krimi und bleibt auch dort sehr ergreiffend. Dies liegt am eher ungewöhnlichen Szenario vor Gericht, bei dem der Zuschauer in die neutrale Position der beiden Parteien eingebunden wird. Gut oder Böse, wie in üblichen Filmen, gibt es hier nicht und damit wirkt das Ganze auch sehr authentisch.
8.5/10Mehr anzeigen


julianne

vor 8 Jahren

Einer der besten Filme sagenhafte Dialoge unglaublich gespielt und spannend und es zeigt wie verschieden Mann und Frau sind!!! Zurecht Oscar und golden Globe Hammer!!!!!


Barbarum

vor 10 Jahren

Hochachtung davor, wie der Film ohne Effekthascherei, sondern allein durch die erzählte Geschichte, eine solche Spannung erzeugt.


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