Der weinende Mann Belgien, Tschad, Frankreich 2010 – 92min.

Filmkritik

Vom Bademeister zum Totengräber

Filmkritik: Eduard Ulrich

Im relativ kleinen schwarzafrikanischem Staat Tschad schwelt ein Bürgerkrieg. Trotzdem schaffte es Mahamat-Saleh Haroun, seinen Film über eine Vater-Sohn-Rivalität dort zu drehen und eine Einladung nach Cannes zu erhalten. Leider lässt das Drehbuch wichtige Zusammenhänge im Vagen; so prägen sich neben einigen ungewöhnlichen Szenen vor allem einige sehr schöne Bilder ein.

Früher war er Landesmeister im Schwimmen, jetzt hütet der den Swimmingpool in einem Mittelklassehotel, geblieben ist ihm der Übernahme "Champion". Sein Sohn arbeitet als Hilfskraft unter ihm, aber der Wettstreit liegt dem Vater offenbar im Blute, denn gleich in der ersten Szene möchte er beweisen, dass er immer noch länger die Luft anhalten kann als sein Sohn. Der Stern des Vaters beginnt allerdings zu sinken, sein gut aussehender Sohn gewinnt an Sympathie bei der Managerin des Hotels, und als Personal entlassen wird, sieht der Vater seine Position in Gefahr und seinen Sohn als Konkurrenten.

Diesen universellen Stoff eines innerfamiliären Generationenkonflikts verwebt das Drehbuch mit den Anfängen eines Bürgerkrieges und einigen privaten Parallelgeschichten, deren Fäden aber lose bleiben und einen unfertigen Eindruck hinterlassen. Einige Szenen legen den Gedanken nahe, der Film sei visuell um das alte Motorrad mit Seitenwagen herumkonstruiert worden, mit dem Vater und Sohn täglich zur Arbeit fahren. Dieses Gespann liefert den Vorwand für gelungene Bilder, welche das durchaus filmische Denken des Regisseurs belegen, verlockte aber auch zu unmotivierten Exkursen. Etwas aus der Reihe fallen einige sprachlastige Szenen, deren Logik für westliches Denken schwer zu begreifen ist.

Dem Hauptdarsteller gelingt immerhin etwas, das man ihm weder zutraut noch von ihm erwartet: Seine Figur wandelt sich vom Sympathieträger zur Zielscheibe des Hasses, ohne dass er forciert. Diese Wandlung ist natürlich im Drehbuch angelegt, welches sich ganz auf die Hauptfigur konzentriert, für die anderen Rollen indes leider kein echtes Interesse aufzubringen vermag. Afrikanischer Sprachen Unkundige werden die Übersetzung eines Klageliedes vermissen, das eine wichtige Funktion spielen könnte. Der Film kann seine disparaten Stilelemente vom Kammerspiel bis zum Heldenepos nicht integrieren und spiegelt damit unfreiwillig den zerbröselnden Staat Tschad, dessen Gesellschaft er punktuell abbildet.

15.02.2024

3

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