Vision - Aus dem Leben der Hildegard von Bingen Frankreich, Deutschland 2009 – 110min.

Filmkritik

Frauenpower im Hochmittelalter

Walter Gasperi
Filmkritik: Walter Gasperi

Die Mystikerin und Naturheilkundlerin Hildegard von Bingen erfreut sich gegenwärtig grosser Beliebtheit. Margarethe von Trotta interessiert sich aber vor allem für die selbstbewusste Frau, die in einer von Männern dominierten Welt entschieden für ihre Ideen und Ziele kämpft.

Weltuntergangsstimmung herrscht am Übergang vom ersten zum zweiten Jahrtausend, aber dann bricht doch ein neuer Tag an, und ein Mädchen blickt in die strahlend aufgehende Sonne, die quasi den Anbruch eines neuen Zeitalters verkündet. Das Mädchen ist aber nicht Hildegard von Bingen: Die eigentliche Handlung setzt erst knapp 100 Jahre später ein, als die 8-jährige Hildegard von ihrer Mutter ins Benediktinerkloster Disibodenberg gebracht wird.

Höllenvisionen auf Wandfresken und Buchmalereien sowie Selbstgeisselungen künden von einer düsteren Zeit, in der Sinnenfreuden fern sind und das ganze Leben auf Gott und das Jenseits ausgerichtet ist. Verstärkt wird diese beklemmende Atmosphäre am Beginn durch kahle graue Steinbauten, die nur spärlich von Kerzenlicht erhellt werden. Zunehmend heller wird aber die Stimmung im Laufe des Films.

Nach wenigen Szenen über die Kindheit Hildegards (Barbara Sukowa) folgt ein Zeitsprung von 30 Jahren. Der Tod der Äbtissin lässt die Nonne erstmals gegen die Herrschaft der Männer aufbegehren. Nicht vom Abt (Alexander Held) des im gleichen Gebäudekomplex angesiedelten Männerklosters, sondern von den Nonnen selbst soll die neue Äbtissin gewählt werden. Dies ist freilich erst der Beginn einer Auseinandersetzung, in der Hildegard immer wieder für die Durchsetzung ihrer Ziele und die ihres Frauenklosters kämpft.

Dass es Margarethe von Trotta nicht darum geht, ein ganzes komplexes Leben nachzuzeichnen, sondern nur darum, Ausschnitte zu beleuchten, macht schon der Untertitel "Aus dem Leben der Hildegard von Bingen" deutlich. Ohne wirklichen dramaturgischen Aufbau reiht die deutsche Regisseurin Szenen aneinander, in denen Hildegards Kampf gegen die Männerherrschaft deutlich zu Tage tritt. Ihre Rolle als Naturheilkundlerin, als Mysterin und Musikerin wird dagegen nur am Rande gestreift, ihre schriftstellerische Bedeutung kaum gewürdigt und auch die Religion spielt keine grosse Rolle, obwohl der Film fast ausschließlich im Kloster spielt.

Kein verstaubter Historienschinken ist so entstanden, sondern das zeitlose Porträt einer starken und entschlossenen Frau. Dass dies trotz der langatmigen Erzählweise Interesse zu wecken vermag, ist vor allem der überzeugenden Verkörperung Hildegards durch Barbara Sukowa zu verdanken, die schon 1985 in von Trottas "Rosa Luxemburg" die Hauptrolle gespielt hat.

09.12.2009

3

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Kommentare

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calianno

vor 14 Jahren

Der Film war schön gemacht, wir warteten auf mehr Visionen, mehr Kräutern, mehr Eingebungen, mehr Ausprobieren.... Irgendwie Fehlte das Ausergewöhnliche. Schade hat man die Visionen nicht in Action gebraucht.


mascolo66

vor 14 Jahren

Es wurde alles ausgelassen, was interessant gewesen sein könnte. Die Dialoge sind klebrig, langatmig, langweilig und unsäglich monoton vorgetragen. Darunter schwingt in jeder Sekunde ein zermürbender Score mit. Hab mich selten so gelangweilt.


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