Oskar und die Dame in Rosa Belgien, Kanada, Frankreich 2009 – 106min.

Filmkritik

Leben Fast Forward

Filmkritik: Cindy Hertach

Todkranker Junge findet durch eine Freundschaft und den Glauben Mut zum Leben und Sterben: Eric-Emanuel Schmitts Verfilmung seines gleichnamigen Bestsellers schwankt zwischen altkluger Lebensweisheit, burleskem Humor und christlichem Glaubensbedürfnis und verliert dennoch fast nie das Gleichgewicht.

Oskar ist schwer krank. Dass er nicht mehr lange zu leben hat, ist eine traurige Wahrheit, die dem Zehnjährigen (Amir Ben Abdelmoumen) von seinen Eltern verschwiegen wird. Doch der kleine Junge, aufgrund seiner Leukämie schon lange Patient in der Klinik, weiss ganz genau, wie ernst es um ihn steht. Wütend und enttäuscht über die Sprachlosigkeit der feigen Erwachsenen, beschliesst er, mit niemandem mehr zu sprechen.

Als er der fluchenden Rose (Michèle Laroque) in ihrem rosa Kleid zum ersten Mal begegnet, ändert sich seine Meinung. Entzückt von ihrer Offenheit und derben Ausdrucksweise, wünscht er sich von seinem Arzt (Max von Sydow), dass ihn "die Dame in Rosa" jeden Tag besuchen soll. Was für die schlagfertige Pizza-Kurierin am Anfang eine reine Pflichtübung ist, entwickelt sich zu einer innigen Freundschaft. Um Oskars viel zu kurzes Leben auszudehnen, schlägt sie vor, dass nun jeder Tag zehn Jahre zählt. So kann er trotzdem erste Liebe, Heirat, Midlife-Crisis und Altwerden erleben.

Éric-Emmanuel Schmitt hat seinen eigenen, gleichnamigen Bestseller verfilmt. Wenn er dabei Realität und Phantasie eines Kindes mit beinahe traumwandlerischer Sicherheit zusammenführt, erinnert das Ergebnis ein wenig an die visuell opulente und verspielte Handschrift eines Jean-Pierre Jeunet. Die Themen, die Schmitt in seiner Erzählung verarbeitet, wiegen indes so schwer, dass man sie eigentlich gar nicht mit dem kleinen Jungen in Verbindung bringen mag, der da klein, schmal und kahlköpfig in seinem Krankenbett liegt: Liebe, Eifersucht, Lebenszweifel und Einsamkeit werden in den letzten Tagen - eines erfüllten Lebens wegen - zum ersten und letzten Mal durchlebt.

Und wann immer die rührige Tragikomödie deswegen von einer allzu pathetischen und um Mitgefühl heischenden Tonart ergriffen zu werden droht, springt rettend Schmitts Humor ein. So findet der Film eine unterhaltsame, aber fragile Balance zwischen wohlkalkulierter Rührseligkeit und skurrilem Witz. Enttäuschend bleibt das etwas merkwürdige Ende, das unversehens in christlichen Kitsch abdriftet.



19.10.2010

3

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Kommentare

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reolus

vor 13 Jahren

Der Film berührt und lässt nicht locker. Bewegt, ist schön und füllt das Herz. Kann ihn nur empfehlen, ist einen Besuch wert.
War im Lunchkino was dank ohne Pause noch einen Happen mehr Wert ist.; -)


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