So Finster die Nacht Schweden 2008 – 115min.

Filmkritik

Erste Liebe und andere Sorgen

Filmkritik: Konrad Zimmerwald

Eine verstörende und unglaublich zarte Liebesgeschichte zwischen zwei jugendlichen Aussenseitern im Schweden der 1980er Jahre: Tomas Alfredson hat John Lindqvists Bestseller "Let the Right One In" verfilmt.

Im ersten Bild hört man den Schnee förmlich rieseln. Ein käsiger Schlaks namens Oscar (Kare Hedebrandt) tappt ins Bild und schaut aus einem Normfenster einer schwedischen Vorstadtsiedlung. Oscar ist verwirrt. Seine Eltern haben sich getrennt und er lebt zusammen mit seiner Mutter in den tristen Outskirts von Stockholm. Von drei besonders sadistischen Mitschülern wird er andauernd gehänselt. Oscar befindet sich in der sogenannten Pubertät.

Später sieht man, wie Oscar wie eine Kinderausgabe von Travis Bickle die Gesten der Stärke übt. Der Junge weckt das Interesse von Eli (Lina Leanderson), die neu in den schwedische Vorort Blackeberg gezogen ist. Was Oscar zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiss: Eli ist eine Vampirin. Der Zuschauer hat jedoch den Mann, mit dem Eli neben Oscar eingezogen ist schon gesehen. Hakan hat in einem Birkenwald einen Passanten angehalten und wird ihn kurze Zeit später brutal schächten, da seine Tochter ohne den blutigen Lebenssaft nicht überleben kann. Die beiden Aussenseiter Eli und Oscar, der mit positivistischer Akribie Zeitungsartikel über besonders gewalttätige Morde in ein Buch klebt, freunden sich verhalten an. Eli wird Oscar im Laufe des Filmes zeigen, wie man sich gegen gemeine Klassenkameraden zur Wehr setzt.

Tomas Alfredson gelingt mit seinem Genre-Mix etwas Unglaubliches. Ohne in die Falle plumper Persiflage zu tappen, nimmt sich der Film trotzdem nicht zu ernst. Während in aktuellen Horrorfilmen Zombies, Vampire und andere zumeist als unangenehme Zeitgenossen charakterisierte Stellverteter für lacanistische Hirngespinste herhalten müssen, wird Oscar das Andere eben nicht töten, um sich seines "Mann-Werdens" zu versichern. Denn Eli lehrt Oscar, der noch nichts allzu viel über das Leben weiss, wie man in der Welt der Erwachsenen (die in diesem Film keine grosse Rollen spielen und oft nur in Rückenansicht zu sehen sind) zurechtkommt und sich gegen Unterdrückung und Herrschaft wehren kann.

Man muss diesen anrührenden Film nicht gleich zum Meisterwerk erklären (die Rechte für ein Remake sind bereits in die USA verkauft), der Plot von "Let the Right One In" hat durchaus seine Schwächen, doch selten hat ein Film in letzter Zeit den Ausnahmezustand namens Pubertät so prägnant auf den Punkt gebracht. Die zarte Liebesgeschichte zwischen den beiden Sonderlingen ist von seltsam anrührender Melancholie. Kare Hedebrandt spielt den verstockten Jungen erschreckend authentisch. Wenn er Eli tapsig umarmt, spürt man die ganze Verzweiflung und die zögerliche Körperlichkeit der ersten Liebe.

16.04.2009

4

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Kommentare

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dulik

vor 5 Jahren

Ein aussergewöhnlicher Vampirfilm aus Schweden mit zwei hervorragenden Jungdarstellern. „So Finster die Nacht“ vereint die Genres Horror, Fantasy, Liebesfilm und Drama sehr gekonnt und wird trotz anfänglicher Langatmigkeit nie langweilig. Manchmal etwas verstörend, doch dies passt hier wie die Faust aufs Auge.
8/10Mehr anzeigen


tommi_schlup

vor 8 Jahren

Für meinen Geschmack der ultimativer Vampir Film schlecht hin.
In dieser verschneiten, bitterkalten Atmosphäre kann man gut eintauchen. Durch seine Langsamkeit, die anfangs vielleicht noch ein wenig abschreckt, baut "So finster die Nacht" nach und nach eine unheimlich dichte Atmosphäre auf, die von der großartigen, nie aufdringlichen Musik noch unterstützt wird. Dank dieser dirchten Atmosphäre und der daraus resultierenden Anspannung braucht es dann auch nur kleine, subtile Momente und Effekte um dem Zuschauer einen ehrlichen Schauer über den Rücken zu jagen.Mehr anzeigen


Taz

vor 14 Jahren

Kleine Überraschung, dieses Teil. Vampirfilm mal ohne den Hollywood-Touch. Sehr gut.


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