J'ai toujours rêvé d'être un gangster Frankreich 2007 – 112min.

Filmkritik

Die Leiden der Verbrecher

Thomas Hunziker
Filmkritik: Thomas Hunziker

Wer wäre nicht gerne Bonnie oder Clyde, Butch Cassidy oder Sundance Kid? Das sind vielleicht schlechte Vorbilder für Leinwand-Gangster, sterben sie in ihren Filmen doch alle von Kugeln durchlöchert. Ganz anders ergeht es den Antihelden aus «J'ai toujours rêvé d'être un gangster».

Der Auftakt des französischen Gangster-Films erinnert stark an «Pulp Fiction». Doch der Ganove, der hier ein nostalgisches Autobahn-Restaurant überfallen möchte, kämpft schon vor dem Betreten des Lokals mit seiner Maske und schliesst die Autoschlüssel im Wagen ein. Kommt hinzu, dass er gar keine Waffe hat. Da auch die Kellnerin im Restaurant bereits einen wenig erfolgreichen Ausflug in die Kriminalität gewagt hat, stösst er bei ihr wenigstens auf Mitleid.

Die Wege dieser zwei armseligen Möchtegern-Ganoven werden bei der Raststätte noch von anderen verzweifelten Verbrechern gekreuzt. Zwei wenig kompetente Kidnapper haben ausgerechnet eine selbstmordgefährdete Jugendliche entführt, derweil ein Sänger, dem die Inspiration abhanden gekommen ist, seinem Kollegen die Lieder klaut. Dann sind da noch die vier 70-Jährigen, die ihren gleichaltrigen Kameraden aus dem Altersheim entführt haben, um ihm nach seinem Wunsch in ihrem ehemaligen Versteck tief im Wald einen ehrenvollen Tod zu bereiten. Doch der Scheintote erwacht wieder zum Leben und so entschliessen sich die vier Senioren 28 Jahre nach ihrer letzten Tat zu einem neuen Coup. Doch die Zeiten haben sich geändert.

Der Film von Samuel Benchetrit erinnert nicht nur inhaltlich an die Werke von Quentin Tarantino, auch formal ist das Vorbild zu erkennen, am deutlichsten vielleicht durch die verspielte Verwendung von Musikstücken. Die Ganoven aus «J'ai toujours rêvé d'être un gangster» stammen aber aus einem ganz anderen Universum, nämlich aus dem echten Leben. Sie sind entmutigte Arbeitslose oder jammern im Fall der Senioren darüber, dass ihre frühere Existenz keine Rente abwirft. So kann die Komödie auch als Kritik an der Sozialpolitik in Frankreich aufgefasst werden. Da bleibt keine Zeit, um über Trinkgeld zu streiten.

«J'ai toujours rêvé d'être un gangster» ist aber in erster Linie eine manchmal rasante, zum Brüllen komische, dann wieder stille Persiflage des Genres. Köstlich füllen die Schauspieler ihre schrägen und dennoch vertrauten Rollen aus. Angeführt wird die illustre Schar von Jean Rochefort, aber auch sonst sind einige vertraute Gesichter zu entdecken. Die Inszenierung von Benchetrit ist stets stilsicher und sorgt manchmal schon durch die Einstellung der Kamera für umwerfende Gags.

17.02.2024

4

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Kommentare

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supamoe

vor 15 Jahren

Also wenn der Film an nen Regisseur angelegt ist, dann eindeutig Jim Jarmusch... Da könnte man ja bei jedem zweiten Indygängstermovie von Tarantino schreiben, wäre etwa so wie jedes Fantasybuch als nen Nachfolger von Tolkien zu verkaufen....

War ein schöner Film mit einigen lustigen und "herzigen" Szenen und vielen Charakterköpfen, aber war mir etwas zu wenig eigen.... alles schonmal gehabt irgendwie, von den Jarmusch-schnitten bis zu den Trottelgängstern und den wehmütigen alten... Coffee&Cigarettes lässt grüssen...Mehr anzeigen


crazyjohn

vor 15 Jahren

Ein toller Film! Drehbuchmässig ein Tarantino!


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