Free Rainer - Dein Fernseher lügt Österreich, Deutschland 2007 – 125min.

Filmkritik

Kulturkritik light

Andres Hutter
Filmkritik: Andres Hutter

Moritz Bleibtreu ist TV-Produzent und ein bekokstes Schwein. Nach einem Autounfall nimmt er sich vor, nur noch anspruchsvolles Fernsehen zu machen. Weil sein Chef davon nichts wissen will, wendet er radikalere Methoden an: Er beginnt, die Quoten zu manipulieren, um ein besseres Fernsehprogramm zu erzwingen.

Wie schon sein letztes Werk "Die fetten Jahre sind vorbei" umweht der Geist der 1968er auch Hans Weingartners neuen Film. Und weil "Free Rainer" ein äusserst ideologischer Film ist, wird diese Filmkritik teilweise zur Ideologiekritik. Denn Weingartners Anklage gegen das Fernsehen steht auf ziemlich wackligen Beinen. Der Film ist sich dessen durchaus bewusst und deshalb stetig damit beschäftigt, seine Prämisse zu verteidigen. Und die lautet: Das Fernsehen ist zwar der Gipfel der Verblödung, aber aus Gewohnheit schauen die Leute die dummen Fernsehsendungen trotzdem: "Die zeigen uns solange Müll, bis wir Müll sehen wollen", sagt Rainer (Moritz Bleibtreu). Den Zuschauern wird damit jegliche Fähigkeit zur Selbstbestimmung abgesprochen. Ausschalten gibt's nicht. Als Alternative dazu beginnt die revolutionäre Zelle um Rainer damit, die Quoten zu manipulieren. Und weil die Fernsehsender so quotenhörig sind, zeigen sie dann plötzlich nur noch Fassbinder-Filmabende und Schwarzweiss-Dokus über Sarajevo. So sieht anspruchsvolles Fernsehen aus.

Argumentativ begibt sich Weingartner damit auf eher dünnes Eis. Denn der Film erwägt nicht einmal ansatzweise, dass eine Erhebung der Fernsehquoten mittels Stichprobe auch eine Form von demokratischer Repräsentanz sein könnte. Stattdessen nennt er das Verfahren "Fernseh-Terror" und beschimpft Programmdirektoren als Faschisten. Ist aber nicht auch terroristisch, vielleicht sogar faschistoid, wenn nun eine kleine Gruppe von Leuten willkürlich das Fernsehprogramm für die ganze Nation bestimmt?

Auch im Film geht diese Logik nur deshalb auf, weil Rainer glücklicherweise ganz genau weiss, was gut ist für die Menschen. Denn das pädagogisch und kulturell hochstehende Fernsehprogramm, das er den Deutschen vorsetzt, ist zufällig genau das, was diese eigentlich schon immer sehen wollten. Und die, die's nicht mögen, schalten den Fernseher nun ganz einfach ab. Was sie zuvor beim schlechten Programm aber irgendwie nicht taten.

Wie das gute Fernsehprogramm, das er propagiert, kommt dann auch "Free Rainer" selbst recht lehrerhaft und humorlos daher. Der Film mag als Satire gedacht sein, richtigen Spass bereitet er leider nicht. "Das ist doch viel zu trocken", kommentiert Rainer zu Beginn des Filmes die Aufzeichnung seiner allerersten pädagogisch wertvollen TV-Sendung. Genau so ist dieser Film.

17.02.2024

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Kommentare

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Patrick

vor 14 Jahren

Ein Mieser TV. Macher wird zum art CHE der mit paar Coolen Typen gegen die Anspruchlose TV. Sendungen kämpft alla Ich bin ein Star holt mich ihr Raus, und wens so weiter geht wird die Menschheit logisch immer Blöder!
Habe mich schon immer über diesen Schrott genervt, und jetzt gibt es den Film dazu.
Der Film hat nur einen Minus Punkt er ist ein wenig zu lang die Story geht leider teilweisse zu langsam vorwärts.
An alle Bleibtreu-Fans euer Star ist Bald wieder im Kino mit den Filmen: Soul Kitchen ende 2009 und im Jahre 2010 in Goethe.Mehr anzeigen


eruna

vor 15 Jahren

Ein Film mit Sinn & Botschaft. Völlig logisch, dass sich Weingartner mit eben dieser unter den "großen" und von genau dem im Film kritisierten System ernährten Fernsehkritikern keine Freunde gemacht hat.

Trotz aller schlechten Redaktionskritiken:
Der Film ist klasse, absolut sehenswert, Bleibtreu ein toller Schauspieler und Elsa Gambard ein Grund, bei jedem Film mit ihr auf jeden Fall zweimal hinzuschauen. (Mehr anzeigen


pegah

vor 15 Jahren

Einer meiner absoluten lieblings Filme! Tolle Satire mit überzeugenden Schauspielern! Ich hoffe der Film regt die Leute dazu an, den Fernseher tatsächlich öfters mal auszuschalten oder sich zumindest nicht den ganzen Mist anzusehen, der tagtäglich im TV läuft.
Ich liebe diesen Film, weil er mich einfach jedesmal, wenn ich ihn sehe zum lachen bringt und mich glücklich macht! Die Geschichte ist leider zu utopisch um wahr zu sein, gibt aber viele gute Denkanstösse. Dazu finde ich den Soundtrack klasse, vor allem den Song "Grasman" hör ich mir immer wieder an.
Wer die DVD hat soll sich den Film unbedingt mit dem Audiokommentar von Hans Weingartner und Moritz Bleibtreu ansehen! Es macht einfach Spass, den beiden zuzuhören!Mehr anzeigen


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