Interview

Cate Blanchett: «Letztlich kommt die Inspiration immer vom Regisseur.»

Interview: Portmann Media

Die Oscar-Nominierte spricht über George Clooneys Produktionsfirma und die zahlreichen Facetten von «The Good German».

Cate Blanchett: «Letztlich kommt die Inspiration immer vom Regisseur.»

Q: Lena, Ihre Filmrolle, ist eine ziemlich komplexe Figur. Wie würden Sie sie beschreiben?A: Ich denke, Lena ist eine Person, der jeglicher romantische Glaube während des Krieges zunichte gemacht, ja richtiggehend aus ihr herausgeprügelt wurde. Als dann Jake zurückkehrt mit dieser romantischen Neigung in sich, könnten die beiden ihre Beziehung wieder aufleben lassen. Allein schon seine Anwesenheit hält Lena den Spiegel vor, und das will sie eigentlich nicht. Sie rennt weg, von dem, was sie geworden ist und ist im Prinzip völlig am Boden zerstört. Somit ist alles, was nur schon annähernd etwas wie Glück oder Zufriedenheit verkörpert, für sie schlichtweg unwirklich. Denn die Kompromisse und die Verstösse, die sie begeht, haben sie stark verändert.Q: Wo haben Sie sich für diese Rolle inspirieren lassen? A: Ich denke, letztlich kommt die Inspiration immer vom Regisseur – gerade in einem solchen Film. Denn es war eine derart klare Vision, die Steven Soderbergh hatte; als ich das Script zum ersten Mal las, war ich begeistert und ich wollte unbedingt mit ihm und George Clooney zusammenarbeiten. Ausserdem waren die Dialoge grossartig, der Thriller-Aspekt der Geschichte fantastisch und fesselnd. Aber ich ging davon aus, das ganze werde in Rumänien gefilmt. Erst auf dem Studiogelände, als ich erfuhr, dass das ganze in schwarz/weiss gedreht würde, bekam ich eine erste Vorstellung davon, wie der Stil etwa sein wird. Steven gab mir dann eine ganze Menge Filme zum Ansehen bezüglich diverser Elemente, die ihn beeinflussten. Ich habe mir also alle Ingrid Bergman-Filme angesehen und die frühen Marlene Dietrich-Sachen. «Whitness for the Prosecution» beispielsweise ist ein fantastischer Film, oder «Notorious» habe ich mir oft angesehen, genauso wie die Arbeiten von Hildegard Knef. Sie ist eine deutsche Schauspielerin, deren Sachen ich nicht so gut kannte, die aber fantastisch anzuschauen war. Ich habe also eher versucht, diesen exotischen europäischen Schauspielerinnen aus den 40ern zuzusehen, um den Unterschied zu verstehen zwischen den Performances von damals und jenen von heute.Q: Wie war es, das Zentrum dieses Liebestriangels zwischen George Clooney und Tobey Maguire zu sein?A: Es ist wohl kaum ein Liebestriangel; das zwischen Tully und Lena ist ja nicht wirklich Liebe. Es ist viel mehr eine Form von Nachfrage. Ich meine, Tully würde Lena am nächsten Tag verkaufen, wenn er dafür 100`000 Mark erhielte. Ich glaube, keine der Figuren im Film weiss tatsächlich, was Liebe ist. Und das ist, glaube ich, etwas, das Lena beiden klarzumachen versucht. Dass nämlich beider Vorstellungen ziemlich schuljungenhaft und träumerisch erscheinen innerhalb dieses brüchigen, ruinierten Universums, in dem sie sich verfangen. Q: Und wie war es mit George Clooney und Tobey Maguire zu arbeiten?A: Grossartig, fantastisch! Es war wirklich toll, mit Tobey zu arbeiten, gerade bei so etwas, das für ihn eine derartige Abweichung darstellte. Schauspieler empfangen solche Gelegenheiten mit Kusshand. Und George war auch fantastisch, er ist halt ein Weltbürger (schmunzelt). Und er hat sich Ideen verschrieben, die man als verrückt bezeichnen könnte wie beispielsweise dieser Film hier. Das tolle, das «Section Eight», die Produktionsfirma von George Clooney und Steven Soderbergh, hervorgebracht hat, ist die Förderung von Innovationen. Und ich glaube, darum geht es den beiden.Q: Es ist ziemlich mutig, einen solchen Film heutzutage zu produzieren. Das ist sehr eindrücklich. Wie sehen Sie das?A: Es ist ganz sicher mutig, man denke nur schon an den Widerstand der Studios einen Film in schwarzweiss zu drehen, was ja eigentlich nur mit Vermarktungsgründen zu tun hat. Aber dieser Film hätte nicht in Farbe gemacht werden können. Dem Rahmen würde einfach dieses ikonische, kultige abhanden kommen, und so ist es ein Film, der bestehen wird. Und da er sehr komplex ist, drei, vier verschiedene Perspektiven zeigt, wird man nicht alles gleich auf den ersten Blick erfassen können. Denn es steckt soviel drin: Da ist diese erstaunliche, packende Geschichte, die einem erzählt wird, und dann diese ganze politische Landschaft, die einen Bezug schafft zur politischen Situation heute. Und all die vielen grossartigen Schauspieler, die auf so merkwürdige weise spielen... Ich glaube es ist ein sehr reichhaltiger Film.

27. Februar 2007

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